Sizilien. Sonnenverbrannt und geschichtsträchtig

Sizilien ist eine faszinierende Insel. Sonnig, reich an Geschichte, voller Widersprüche und dunkler Geheimnisse und Legenden.

Hier lesen sie über

  • Von Taormina nach Cefalù
  • Kleine Bildergalerie
  • Sizilien. Online und Eckdaten
  • Lesestoff

Über kleine, sizilianische Ortschaften und Städte

Text: Reinhard A. Sudy

Fotos: Hedi Grager, Reinhard A. Sudy

Blick von Castelmola hinunter nach Taorrmina. © Sudy

Die größte Insel des Mittelmeeres ist voller Kontraste: Pulsierendes und chaotisches Leben in den großen Städten, idyllische, verschlafene und kleine Ortschaften; menschenleere Berglandschaften und einsame Buchten oder touristisch belebte Strände und Sehenswürdigkeiten. Das Klima in Sizilien ist besonders warm und trocken. Im Sommer gibt es sogar Temperaturen bis 40 Grad Celsius, im Winter aber ist am Ätna, dem mächtigsten aktiven Vulkan Europas, Schifahren angesagt. Als ich einmal im Sommer ganz hinauf wollte, wurde der obere Teil wegen Schneefalls gesperrt, wie das Bild gleich unterhalb zeigt.

 

Auch im Sommer kann der Ätna winterlich 'angezuckert' sein. © Sudy

Eine kleine Rundreise

Von Taormina und dem oberhalb gelegenen Bergdorf Castelmola geht es an der Ostküste Siziliens entlang in das südlich von Syrakus gelegene Barockstädtchen Noto. Über Caltagirone im Landesinneren führt uns der Weg an die Nordküste. Die beiden Städtchen Monreale bei Palermo und Cefalù sind unser nächstes Ziel. Landschaftliche Schönheit und Aussicht verbinden sich hier mit beeindruckenden Baudenkmälern, der Mythologie und der Geschichte dieser Insel.

 

Taormina
Dieses terrassenförmig angelegte, meist von Touristen überfüllte Städtchen liegt rund 200 m über dem Meer. Eine Kabinenseilbahn führt hinunter nach Mazzarò, dem Sandstrand von Taormina. Herzstück der malerischen Altstadt sind das sehenswerte Teatro Greco und der Corso Umberto, eine langgezogene Einkaufsstraße. Diese wird im Norden von der Porta Messina und an ihrem Südende von der Porta Catagnia begrenzt. Nicht ganz in der Mitte liegt die Porta di Mezzo mit prächtigen, gut erhaltenen alten Wehranlagen, die heute Geschäfte und ein Cafe beherbergen. Davor lädt ein kleiner Platz mit herrlicher Aussicht zum Erholen und Schauen ein.

Castelmola
Kurvenreich geht es von Siziliens bekanntestem Urlaubsort Taormina weiter hinauf in das mittelalterliche Castelmola. Dieses auf dem Kalksteingipfel gelegene Bergdörfchen ist für seine herrlichen Aussichten und den zuckersüßen Mandelwein berühmt. Vom Parkplatz weg führen einige Stufen und ein Stück Straße in die kleine Ortschaft. Die engen Gassen sind voll mit kleinen Läden, die Souvenirs und Keramikprodukte anbieten. Für eine Stärkung und um sich frisch zu machen empfiehlt sich das Cafe "Bar S.Giorgio" gleich am Platz zu Beginn der Ortschaft. Von den verschiedenen Terrassen dieses Cafes sieht man schön auf Taormina und die Küstenlandschaft.

 

Noto
Nach dem großen Erdbeben des Jahres 1693 ist Noto - wie auch Catania, Caltagirone oder Syrakus - als Barockstadt wieder aufgebaut worden. Gewaltige Ficus Benjamin-Bäume säumen den Vorplatz vor der Porta Nazionale, dem Eingangstor in die Stadt. Unmittelbar danach beginnt der Corso Vittorio Emanuele. Diese langgezogene Hauptstraße mit 3 großen barocken Plätzen und mächtigen Treppenfluchten führt schnurgerade durch die Altstadt von Noto. Hier und in den beiden Parallelstraßen liegen die Sehenswürdigkeiten, wie die schönen barocken Kirchen und Bauten. Vieles ist in den letzten Jahren restauriert worden. Einige Bauten mußten mit Stahlträgern gestützt werden und andere sind nach wie vor eingerüstet. Sehr einladend ist die am Beginn der Hauptstraße gelegene, dem Jugendstil nachempfundene Bar la Vecchia Fontana (Cafè Noir). An der Bar kostet hier ein Capucino 1.800 Lire und ein Prosecco 3.000 Lire.

 

Caltagirone
Die Hochburg der Herstellung von Kunst- und Gebrauchsgegenständen aus Keramik und Terrakotta liegt im Landesinneren. Zu den Hauptattraktionen gehören der Duomo S.Giuliano und die 142 Stufen zählende monumentale Treppe "La Scala". Auch dieses Städtchen wurde nach dem Erdbeben von 1693 im Barockstil wieder aufgebaut. Für eine Stärkung nach dem Treppensteigen bietet sich das Cafe Central in der Via Vittorio Emanuele 21/23 an. Diese führt unmittelbar von der Piazza del Municipio weg, die am Fuße der beeindruckenden Treppe liegt.

 

Monreale
Dieses kleine, malerische Städtchen liegt 8 km südwestlich von Palermo und ist leicht zu erreichen. Berühmt ist Monreale wegen seines gewaltigen Normannendoms (Santa Maria la Nuova). Diese Kathedrale ist ein Meisterwerk des Mittelalters und ein Höhepunkt arabisch-normannischer Kunst. Die eher strenge, vordere Außenfassade läßt nichts von dem prunkvollen Inneren ahnen. Die Wände sind hier über und über mit Goldmosaiken bedeckt. Ebenso beeindruckend sind die in Doppelreihen angeordneten 228 kunstvoll verzierten Marmorsäulen des daneben gelegenen, sonnigen, romanischen Kreuzganges. Ein sizilianisches Sprichwort sagt: "Wer nach Palermo geht, ohne Monreale gesehen zu haben, läßt einen Esel zurück und kommt selber als Esel wieder."

Cefalù
Dieser beliebte Badeort mit seinem kleinen Fischerhafen liegt zwischen Felsen und Meer versteckt unterhalb eines gewaltigen Felsvorsprungs. Die bezaubernde Altstadt konnte ihren mittelalterlich-maurischen Charakter bewahren. Von der Piazza Duomo aus hat man den besten Blick auf die am Fuß steiler Klippen erbaute normannische Kathedrale mit einer weiten Vortreppe. Dieses beeindruckende Beispiel arabisch-normannischer Symbiose hat eine ausdrucksvolle Fassade mit Zwillingstürmen. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die frei zugängliche Arabische Wäscherei (Lavatorio Arabo) in der Via Vittorio Emanuele, die noch im 20. Jhdt. als öffentlicher Waschplatz benützt wurde. Mitten durch führt der Corso Ruggero, eine gemütliche Einkaufs- und Bummelstraße. Enge und verwinkelte Seitengäßchen führen in ein wahres Labyrinth der Altstadt. Dieser Corso, der Strand und der Platz vor dem Dom sind beliebte abendliche Treffpunkte.

 

Veröffentlicht: 

1. Sizilien. Über kleine Ortschaften und Städte: Romantisch und einladend, verschlafenen, lebendig, laut und chaotisch. In: Gsund. Menschen helfen Menschen. Nr. 30 Juni 2001. Seite 35.

2. www.gsund.net | Sizilien

Eine kleine Fotogalerie. Sizilien in Bildern

Der alte Hafen von Cefalù ist noch arabischen Ursprungs. © Reinhard A. Sudy

Cefalù

Ein beliebter Badeort mit einem kleinen Fischerhafen und einer bezaubernden Altstadt mit mittelalterlich-maurischem Charakter. Mitten durch das Zentrum der Ortschaft führt der Corso Ruggero, eine gemütliche Einkaufs- und Bummelstraße.

 

In der nach einem Erdbeben wiederaufgebauten Altstadt von Noto. © Reinhard A. Sudy

Noto

Ein Spaziergang durch die kleine, barocke Altstadt führte die Via Corrado Nicolaci bergauf zu einem kleinen Kirchlein. Auf beiden Seiten dieser kleinen Straße werden die Balkone mit prachtvoll verzierten Halterungen gestützt.

Sizilien. Internet-Tipps und Eckdaten

Sizilien Online


Sizilien in Stichworten

  • Fläche: 25 708 qkm (Österreich hat 83 858 qkm)
  • Bevölkerung: Knapp über 5 Mio Einwohner
  • Religion: Der Großteil der Bevölkerung bekennt sich zum römischen Katholizismus.
  • Hauptstadt: Palermo (rd. 1 Mio Einwohner)

Lesestoff

Roberto Alajmo. Palermo ist eine Zwiebel 


2022. Auf der Rückseite des Buchcovers beginnt die kurze Buchvorstellung mit

 

"Achtung, Reisewarnung! Verkehrschaos, Mafia und nirgends ist das Meer zu sehen: Roberto Alajmo kann alle Klischees über seine aufregende Heimatstadt bestätigen – aber so charmant und witzig, dass man unbedingt sofort nach Palermo will.

In zwölf Kapiteln entführt Alajmo ironisch-anekdotisch zu berühmten Monumenten und Märkten und kommentiert die wechselvolle Geschichte Siziliens mitsamt gängiger Stereotype. Und er erzählt von den Einheimischen, ihrem vertrauten Umgang mit den Toten - und ihrem verschämten Stolz auf die widersprüchliche, atemberaubende Schönheit Palermos".

 

Dem kann ich fast nichts hinzufügen, auch wenn mich der vom Autor 'rundum überarbeitete, liebevolle Anti-Reiseführer' die letzten Wochen fast überallhin begleitet hat. Ich habe genussvoll, fasziniert aber auch betroffen Kapitel um Kapitel gelesen und die Schilderungen Alajmos aufgesaugt. Ich war erst einmal in Palermo, vor langer Zeit, ein wenig ängstlich, zu kurz, und würde jetzt mit diesem Buch im Reisegepäck gerne wieder dorthin, um die Heimatstadt des Autors auch mit seinen Augen kennenzulernen - ein wenig zumindest. 

Zum Beispiel, wenn er über die Gründe schreibt, warum Häuser von außen unfertig gelassen werden oder warum das Teatro Massimo fast ein Vierteljahrhundert geschlossen war, oder wie Namen von Dingen und Orten einfach verändert werden und die Piazza Vittorio Veneto zur (kaum sichtbaren) la Statua wurde.

Schon fast am Ende findet der Autor zum Titel dieses Buches und zitiert den Schriftsteller Paco Ingacio Taibo II, dem sinngemäß die ganze Insel wie eine Zwiebel vorkommt, weil sie aus mehreren Häuten besteht, und unter jeder geschälten Haut eine neue ist, die auch geschält werden muss. 

 

Palermo ist eine Zwiebel. Aus dem Italienischen von Karin Krieger und Moritz Rauchhaus.

Verlag Klaus Wagenbach. Aktualisierte Neuausgabe Berlin 2021. WAT [838]. 176 Seiten. Buch 13,00 € / E-Book 9,99 €.

Leonardo Sciascia. Einmal in Sizilien

 

2021. 'Wer Sizilien kennenlernen möchte, wer seinen Zauber ebenso wie seine dunkle Vergangenheit verstehen will, muss Leonardo Sciascia lesen' heißt es im schönen Verlagstext.

Ich habe das heutige Sizilien ein wenig kennen gelernt und war daher neugierig, dem Volksschullehrer Sciascia über die Schulter zu schauen und über seine Beobachtungen und Erlebnisse im fiktiven, aber vielen Orten in Sizilien ähnelnden Regalpetra zu lesen.

Und Leonardo Sciascia malt wirklich sehr  faszinierende Bilder der harten Welt auf seiner Geburtsinsel: er erzählt von brutalen Gutsherren, ausgebeuteten Arbeitern in den Schwefel- und Salzminen, über einen habgierigen Adel, die unvorstellbare Armut von Kindern, die um die Schulspeisung betteln, über Honoratioren, die sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen, um die Bauern auszupressen.

Klar und ganz ohne Schnörkel beschreibt er z. B. sein Erleben des faschistischen Regimes, fast unglaublich sind die Geschichten aus der Schule oder über die Salzgrubenarbeiter. Am Ende - Schnee, Weihnachten - erzählen Schüler in einem Tagebuchbericht, wie sie Weihnachten verbracht haben. Berührend und glücklich schreibt einer: 'Am Weihnachtsmorgen hat mich meine Mutter mit warmen Wasser überrascht, damit ich mich von oben bis unten waschen konnte'.

Und ich freute mich mit diesem Jungen.

 

Einmal in Sizilien. Aus dem Italienischen von Sigrid Vagt.

Verlag Klaus Wagenbach. SALTO [261] 2020. 144 Seiten. € 18,00.

Luigi Pirandello. Feuer ans Stroh 


2015. Sizilien - eine widersprüchliche Insel, sonnenverbrannt und voller dunkler Geheimnisse, Legenden und Geschichten. Damit beginnt die überaus treffende kurze Buchbeschreibung des Verlags. Und gleich die erste komisch-verwickelte Erzählung rund um den verarmten Simone Lampo, seine alte Eselin Nina, den etwas verrückten Nazzaro und die erfolgreiche Freilasung von zu Hunderten eingefangenen kleinen Vögeln liess mich schmunzeln, hat mich aber auch sehr berührt. Neugierig geworden las ich mich durch die ausgewählten Novellen des Schriftstellers Luigi Pirandello, eines der bedeutendsten Erzählers der italienischen Literatur. Seine Geschichten über das einstige Leben in seiner Heimat und ihre teils tragischen Bewohner fesselten mich dann bis zur letzten Erzählung über einen besonders streitbaren Grundbesitzer, seinen zerbrochenen großen Ölkrug und einen nach erfolgreicher Reparatur darin gefangenen Handwerker. Da ist jede Geschichte ein Lesevergnügen.

 

Feuer ans Stroh. Sizilianische Novellen.

Verlag Klaus Wagenbach. Berlin 2015. 5. Auflage. 240 Seiten. € 12.30

Elio Vittorini. Gespräch in Sizilien

 

2012. Dieser in Ich-Form geschriebene Roman zeichnet ein sehr detailliertes Porträt des italienischen Alltaglebens. Er erschien erstmals 1941 und damals sogar in zwei Ausgaben mit unterschiedlichen Titeln: Nome e lacrime und Conversazione in Sicilia. Die Geschichte beginnt mit der Reise des Ich-Erzählers Silvestro zurück in sein Heimatdorf in den sizilianischen Bergen und begründete den Ruhm des Autors, der selbst als Sohn eines Eisenbahners in Sizilien geboren worden war (1908 - 1966).

  

Gespräch in Sizilien. Roman. Aus dem Italienischen von Trude Fein.

Verlag Klaus Wagenbach. Vierte Auflage Berlin 2011. WAT 671. 184 Seiten. € 10,90 (D) / 11,30 (A).

Empfehlen Sie diese Seite auf: