Creative Director Alex Kellas
"Das Spannungsfeld zwischen der Nähe und der Ferne gibt mir Kraft und Inspiration"
Text und Interview: Hedi Grager
Fotos: Privat, Todd Eberle
Der gebürtige Grazer Alexander Kellas lebt und arbeitet erfolgreich seit Jahren in New York. Seit 1998 ist er Creative Director von Pandiscio Co., einer Design Agentur, die sich mit der Gestaltung
und Vermarktung von Marken im Bereich Kunst, Kultur, Wirtschaft und Architektur beschäftigt. Ich traf ihn zu Weihnachten, als er wieder seine Familie besuchte. Bei einem Kaffee plauderten wir
gemütlich über seine Karriere und sein Leben. Als HTL-Student für Kunstgewerbe hatte er immer schon eine sehr enge Beziehung zu Kunst. Liebevoll erzählt er von seinen Eltern die es ihm ermöglichten,
seinen Bildungsweg selbst zu gestalten und sich nach der Schule eine Auszeit zu nehmen, um sich die Welt anzusehen.
G'sund: Was hast du nach Deiner „Auszeit" gemacht?
Kellas: Ich habe bei der Madison Werbeagentur in Graz angeheuert. Glücklicherweise hatte ich von Anfang an die Möglichkeit, mich selbst und meine Ideen einzubringen. Man gab mir die
Freiheit, mit den besten Fotografen Österreichs in Linz und Wien zu arbeiten und so konnte ich viele interessante Kontakte außerhalb der Steiermark knüpfen.
G'sund: Du hast diese Kontakte auch genutzt und bist nach Linz gegangen.
Kellas: Ja, so war es. Ich wechselte in die Design Agentur Haslinger, Keck.
Dort durfte ich Sigi Mayer assistieren, einem der größten Kreativdirektoren unseres Landes. Es war faszinierend zu erleben, welch kompromisslose, internationale Qualität in dieser Agentur produziert
wurde und wie dies abseits von Wien in der Provinz geschehen konnte.
G'sund: Du bist dann dennoch weiter nach Wien gezogen. Was war der Grund, Linz zu verlassen?
Kellas: (schmunzelnd) Ich ging der Liebe wegen nach Wien. Allerdings muss ich gestehen, dass mir Herr Demner von der Werbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann ein Angebot gemacht
hat, welches ich nur schwer hätte abschlagen können.
G'sund: Du warst Art Director bei namhaften Firmen wie Demner, Merlicek & Bergmann und Young & Rubicam, Haslinger Keck und hast mit 28 Jahren den Plafond deiner Karriere in
Österreich erreicht. Danach kam Amerika?
Kellas: Das war ein Schritt, der eigentlich nicht so geplant war. Ursprünglich wurde ich nach New York geschickt, um eine Kampagne für die Bank Austria zu produzieren. Dort habe ich
einen alten HTL Schulfreund zum Abendessen getroffen und dieser hat mich dann kurzerhand Richard Pandiscio vorgestellt, dem ehemaligen Art Director der Vogue und Andy Warhol's Interview Magazine. Er
hat mich gefragt ob ich ihm helfe, eine völlig neue Agentur aufzubauen, einen Ort, an dem künstlerisches Handwerk und kommerzielles Denken kein Widerspruch sein dürfen. Diese Chance habe ich
natürlich wahrgenommen.
Auf die Frage, welches seiner Projekte den Lauf seiner Karriere am meisten beeinflusst hat, erzählt er mir von der Neuen Galerie New York, dem Museum für Deutsche und Österreichische Kunst, gegründet
von Ronald Lauder, dem ehemaligem amerikanischen Botschafter in Wien, und seit zwei Jahren das neue Zuhause von Gustav Klimt's Adele. „Seit meiner Schulzeit habe ich mich ausführlich mit der Wiener
Werkstätte befasst, darum war der Auftrag zur Grafischen Gestaltung dieses Museums eine besonders große Freude. Das Museum war sofort ein großer Erfolg bei den New Yorkern und hat uns in Folge viele
neue Aufträge gebracht."
Alex Kellas trifft in seinem Job auch viele Stars. Auf die Frage, wer ihn beeindruckt hat, antwortet er: „Micky Rourke ist für mich ein Beispiel, wie schnell man seinem eigenem Medienrummel erliegen
kann und wie bitter sich das rächen kann. Ich freue mich sehr für ihn, dass er sein Comeback geschafft hat und sogar für einen Oscar gehandelt wird. Naomi Campbell hat auch diese Steher-Qualität. Als
wir gemeinsam für einen Kunden an einer Kampagne gearbeitet haben, musste sie in derselben Woche jeden Tag für mehrere Stunden die Straßen von New York vom Müll befreien als Buße, weil sie ihre
Assistentin mit einem Telefon beworfen hat. Es war beeindruckend zu verfolgen, wie sich ihre ursprüngliche schlechte Rolle in den Medien als zickige Furie in einer Woche zur Galionsfigur der NYC
Müllmänner umkehrte und sie damit eine große Motivation für alle hart arbeitenden Stadtbediensteten wurde. Mein Kunde hat sie jeden Abend mit der Limousine vom Gelände der Städtischen Müllbeseitigung
abgeholt und nach Hause gefahren. Ein sagenhafter Anblick, wenn man sich diese große schöne Frau vorstellt, wie sie im dreckigen Blauzeug in einen Rolls-Royce klettert und dabei ihren neuen Kollegen
von der Müllabfuhr zum Abschied noch ihr Millionen Dollar Lächeln zuwirft."
G'sund: Dein Leben liest sich wie eine Erfolgsstory, die viele nur aus dem Film kennen. Du hast Dich immer schon mit Kunst befasst, mit der Bildhauerei, mit Musik, mit
Architektur, Du zeichnest und malst. Du hast bei der Ars Electronica dem Linzer Festival für elektronische Kunst und beim Steirischen Herbst mitgewirkt, hast Preise eingeheimst. Hast Du nie Zweifel
gehabt, wusstest Du immer, was Du machen willst ?
Kellas: Schon als Kind war ich immer neugierig. Mich interessierten alle Aspekte unserer Gesellschaft und wie sie miteinander in Verbindung stehen. Die Kunst spricht all diese
Sprachen und das Design kann helfen, Abläufe zu verbessern. Ich lasse gerne Aufgaben auf mich zukommen und wenn ich fühle, dass ich zu Diesem oder Jenem etwas Positives beitragen kann, dann tue ich
es einfach. Für viele Jahre dachte ich mir, ich müsse mich für ein Leben in Amerika oder Österreich entscheiden. Nun weiß ich für mich, dass der einzig richtige Weg der ist, die beiden Destinationen
miteinander zu verbinden und sich nicht nur für eine Seite zu entscheiden. Das Spannungsfeld zwischen der Nähe und der Ferne gibt mir Kraft und Inspiration. In unserer globalen Welt braucht es
Vermittler, die Kulturen auf beiden Seiten des Atlantiks verstehen und miteinander in Berührung bringen, eine Aufgabe, die ich sehr gerne ausübe. In der Steiermark bin ich auch oft wegen meiner
Familie, Freunde und der schönen Landschaft. Aus vielen Biografien habe ich gelernt, wie sehr Menschen, die sich stark ihrer eigenen Karriere gewidmet haben, dann an einem Punkt doch bereut haben,
nicht genug Zeit mit ihrer Familie verbracht zu haben. Ein Fehler, den ich sicher nicht machen möchte.
G'sund: Was ist für Dich aktuell eine interessante Arbeit ?
Kellas: Die Wirtschaftskrise hat dem Ansehen der Banken sehr geschadet und ihre Kunden zutiefst verunsichert. Ich finde es eine sehr wichtige und reizvolle Herausforderung, das
gebrochene Vertrauen wieder herzustellen und die Zusammenarbeit zwischen Bank und Kunden neu zu definieren. Ein paar bunte Bilder und flotte Sprüche werden dafür wohl nicht genug sein. Auch ist dies
eine Zeit der Evolution und neuer Ideen. Ich bin mir sicher, ich werde noch mit so mancher interessanten Aufgabe konfrontiert.
G'sund: Was würdest Du jungen Menschen mitgeben, die ins Ausland gehen möchten.
Kellas: Mut, Disziplin und auf seine innere Stimme hören, das führt Schritt für Schritt zum Erfolg. Sei der Mensch, den Du selbst gerne als Gegenüber möchtest, lebe diesen Menschen
und sei gut zu ihm. Auch habe ich gelernt, dass man nicht unbedingt weit weg gehen muss, um sein Glück zu finden. Man muss nur in sich selbst sehen und vor allem den Mut haben, sich selbst und seinen
Weg anzunehmen.
Veröffentlicht: Alex Kellas. In Gsund. Die besten Seiten der KAGes. Nr. 61 März 2009. Seite 60 - 61.
Quelle: www.gsund.net.