Hans Brücke wurde in der Silvesternacht 1905/06 in Leipzig geboren und entstammte einer der angesehensten Gelehrtenfamilien Österreichs. Nach dem Besuch
der Eliteschule in Salem in Baden-Württemberg absolvierte er das Medizinstudium in Innsbruck. Nach seiner Promotion 1929 arbeitete Brücke ein Jahr als Fellow in Surgery an der Johns Hopkins Medical
School in Baltimore und trat 1931 als Operationszögling in die I. Chirurgische Klinik Wien ein. In diesen Jahren empfing er jene Grundhaltung hingebungsvoller ärztlicher Berufsauffassung, die ihm ein
Leben lang als unverrückbare Leitlinie diente. Nach weiteren Stationen an der II. Frauenklinik Innsbruck und der Chirurgischen Klinik in Graz leitete er als Stabsarzt und Chefchirurg große
Luftwaffenlazarette. Während dieser Zeit war Brücke der erste im deutschen Sprachraum, der während des Krieges in Brüssel bei einer Luftnachrichtenhelferin einen offenen Ductus Botalli operierte.
1947 kam er schließlich als I. Assistent an die Chirurgische Klinik Graz zurück. Die folgenden Jahre waren seine wissenschaftlich fruchtbarsten. 1950 wurde Brücke Primarius in Mürzzuschlag, ab 1959
Primararzt im neu errichteten LKH Wagna. Bis zu seinem Ruhestand 1972 wirkte er als Vorstand der Chirurgischen Abteilung sowie als Ärztlicher Direktor des LKH Leoben. Hier war der Umbau zum
Schwerpunktkrankenhaus eine seiner Hauptaufgaben.
Auch im Ruhestand hat Univ. Prof. Dr. Hans von Brücke zahlreiche Untersuchungen und Arbeiten durchgeführt. Bahnbrechend waren die grundlegenden Arbeiten
über das neue Präparat Lysthenon zur Muskelerschlaffung in der Anästhesiologie. Sein beharrlicher Fleiß und sein Einfallsreichtum ließen ihn auch mehrere chirurgische Instrumente, wie z.B. spezielle
Knochenmeißel, konstruieren. Am 28. Jänner 2000 verstarb Univ. Prof. Dr. Hans von Brücke. Er war einer der bedeutenden und weithin angesehenen Vertreter der Grazer Chirurgen-Generation. Er war Mensch
und Arzt, Chirurg und Wissenschafter.
Univ. Prof. Dr. Wolfgang Köle,
em. Vorstand der II. Chirurgischen Abteilung, LKH-Univ. Klinikum Graz
Quelle: „Gedenken zum 100. Geburtstag von Univ. Prof. Dr. H. von Brücke“ von W. Köle, ÖGC-Service, 2006