Text und Interview: Hedi Grager
Fotos: Privat
G’sund: Welche Pläne hatten Sie als Kind? Was wollten Sie werden?
W. E.: Mein Traum war es immer die Welt zu sehen. Daraufhin sagte mein Vater zu mir, du kochst doch so gerne, werde Koch und reise um die Welt. Das habe ich dann
auch gemacht.
G’sund: Haben Sie da schon gedacht, einmal auf einem großen Schiff zu arbeiten?
W. E.: Ich hatte 1981 meine vierjährige Lehre im Hotel „Brückl Wirt“ in Niklasdorf begonnen. Schon ab dem zweiten Lehrjahr habe ich mich bei allen damals
bekannten Reedereien (Cunard, Royal Viking Line, Holland American Line, etc…) als „Applicant“ beworben. Ich bekam nie eine Absage, aber den Vermerk, dass ich mich nach Erreichen der damaligen
Altersmindestgrenze, das waren 20 Jahre, wieder melden sollte. Dies tat ich dann auch. Ich arbeitete nach meiner Militärzeit als „Chef de Partie“ (Abteilung Chef in der Küche) im Palais
Schwarzenberg, als im Februar 1987 ganz überraschend ein Anruf aus Oslo, der damaligen HR Zentrale der Sea Goddess Yachten I und II, kam. Dieser Anruf war kurz und auf den Punkt gebracht: ‚Herr
Englisch, können sie in 5 Tagen in St. Thomas sein und auf das Schiff Sea Goddess II einsteigen?‘ Ich sagte sofort ja, regelte in derselben Stunde alles mit meinem Arbeitgeber und stieg in den
Flieger. So begann meine Kariere an Bord von Schiffen.
G’sund: Sie sind auch als Sänger aufgetreten? Mit Elvis-Songs?
W. E.: Ja, dies ist ein Hobby von mir. Gesang und Musizieren, Live mit Band oder auch als Solist mit Gitarre, haben mich meine gesamte Berufszeit hinweg
begleitet. Und manchmal stand ich mit den ganz Großen dieser Welt zusammen auf der Bühne.
G’sund: Sie sind sehr viel unterwegs und haben in Ihrem Job eine sehr große Verantwortung. Wie gehen Sie damit um?
W. E.: Ja, wie soll ich sagen, mein Beruf ist mein Leben und mein Hobby. Meine weiteren Hobbys sind Artverwandte davon wie Reisen, Kochen, Gut Essen,
Net-Working, Projekte, etc. Natürlich bedeutet das wenig Zeit für Familie und Haushalt, aber das ist der Preis, den man für so ein Leben nun mal zahlt. Es heißt aber auch, dass man die kurze Zeit,
die man mit der Familie verbringt, umso intensiver und sachlicher durchorganisiert.
G'sund: Was sind Sie für ein Mensch? Was ist Ihnen besonders wichtig?
W. E.: Ich glaube, dass ich ein sehr zielstrebiger Mensch bin und sowohl meine privaten wie auch beruflichen Möglichkeiten gut einschätzen kann. Hier eine kurze
Meilenstein-Beschreibung über meinen Werdegang - ich war mit 22 Jahren einer der jüngsten Executive Chefs (Chef de Cuisine) auf einen japanischen Fünf-Sterneplus- Schiff, mit 32 war ich Hotel
Director in Singapore und mit 43 Jahren Operations Director bei einer Reederei Gründung - der jetzigen TUI CRUISES HAMBURG (MEIN SCHIFF). Ich bin jemand, der nie ruhig sitzen kann. Mein Gehirn ist
stets am arbeiten, egal was und mit wem ich wo unterwegs bin. Ich bin immer sachlich, an allem interessiert und ansprechbar.
G'sund: Wie wichtig sind Ihnen Familie und Freunde?
W. E.: Mir ist meine Familie und die dazugehörige Harmonie zu Hause sehr wichtig. Da ich im beruflichen Leben sehr beansprucht werde, tut es gut, ein schönes
Zuhause zu haben, wo die Familie auch das Gesamtpaket versteht und zwar Familie und Beruf unter einem Dach. Das gelingt nur selten und deshalb bin ich sehr glücklich, dass mir dies gelungen ist.
Freunde, echte Freunde habe ich wenige. Aber die, die ich habe, mit denen kann ich Pferdestehlen gehen. Das sagt man doch so, oder?!?
G’sund: Sie lernen berufsbedingt auch sehr viele Menschen kennen. Gibt es jemanden, der Sie besonders beeindruckt hat?
W. E.: Ja ich habe viele tolle Menschen auf meinen beruflichen Weg kennenlernen dürfen und manche davon sind heute gute Freunde geworden. Das schönste Erlebnis
war im Jahr 2000 auf dem Schiff Silverwind. Wie Sie schon wissen, mache ich gerne Musik und stehe gerne als Entertainer auf der Bühne. Es war im Hafen von New York. Abends hatte ich eine Show mit
Orchester auf der Bühne – ich sang von Rock ‘n‘ Roll bis zu herzzerreißenden Songs. Danach kam ein Gast zu mir auf die Bühne und sagte mir, dass er meinen Gesang sehr toll finden würde und dass er
genau weiß, wovon er sprechen würde. Er stellte sich mir vor und sagte „ I am Marty Passetta“. Er war 1973 der Film Director von Elvis Presley für die Show Aloha from Hawaii. Ähnliches erlebte ich
mit zahlreichen Personen aus der Politik wie Walter und Barbara Schmidt, aus der Wirtschaft, mit Filmstars und Musiker wie Bernd Clüver, den ich zu meinen guten Freunden zähle.
G’sund: Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Haben Sie einen Traum, den Sie sich erfüllen möchten?
W. E.: Gesund und erfolgreich bleiben. In Zukunft mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Eltern zu verbringen, meine Kinder erwachsen werden sehen. Das sind
simple Wünsche, die ich leider bisher nicht ausreichend durchführen konnte.
Veröffentlicht: Werner Englisch. Operations & Guest Service Director von TUI Cruises. In: Gsund. Die besten Seiten der KAGes. Nr. 66 Juni 2010. Seite 54 - 55.
Quelle: www.gsund.net.