Schauspielerin und Drehbuchautorin Katharina Wressnig
"Ich glaube, wenn man der eigenen Intuition vertraut und folgt, führt sie einen an die richtigen Stellen"
Text und Interview: Hedi Grager
Fotos: Tina Herzl
Es ist der 23. Dezember und ich freue mich auf ein Treffen mit der Schauspielerin und Drehbuchautorin Katharina Wressnig. Katharina Wressnig lebt und arbeitet in Los Angeles und
ist zu Besuch in ihrer Heimatstadt Graz, um mit ihrer Familie und ihren Freunden Weihnachten und Silvester zu feiern. Ich habe noch ein wenig Zeit und bummle langsam zum Treffpunkt im Cafe
Kaiserfeld. Auf dem Weg dorthin begegne ich einer jungen, blonden Frau von zarter Schönheit, die mir irgendwie bekannt vorkommt. Wir sehen uns an, zögern, bleiben stehen und ich frage „Katharina"?
Das ist meine erste persönliche Begegnung mit der sympathischen Schauspielerin Katharina Wressnig.
G'sund: Du bist in Graz geboren und in die Schule gegangen. Hast Du - so wie viele andere Kinder auch - schon als Kind davon geträumt, Schauspielerin zu werden?
Katharina Wressnig: (lächelnd) Ja, ich habe mir schon als Kind immer die Oskar-Verleihung angesehen und davon geträumt, Schauspielerin zu werden. Und ich lernte schon als Kind
Klavier und Gitarre und hatte später Gesangsunterricht. Mit 15 Jahren habe ich die weibliche Hauptrolle im Musical „Spuren von Klimt" von Herwig Thelen gesungen. Das wurde damals im Landhaushof in
Graz aufgeführt - und hat mir unglaublich Spaß gemacht. Als Mittelschülerin habe ich den Grazer Produzenten Dieter Pochlatko, einen Freund meiner Familie, angerufen und ihn gefragt, ob ich nicht für
ihn arbeiten kann. Ich habe ihm gesagt, ich hole Kaffee, trage Kabeln, was immer gebraucht wird. Ich wollte nur dabei sein und hoffte natürlich auf eine Chance. Er hat mich dann ein paar Monate
später aus heiterem Himmel für einen Screentest angerufen. (Anm: dabei wird eine kurze Filmsequenz gedreht, um die Fähigkeiten eines Künstlers zu testen). Ich bin fast aus allen Wolken gefallen.
G'sund: Und, hast Du eine Chance bekommen?
Katharina Wressnig: (lächelt) Ja, es hat mich der Regisseur Willi Hengstler kontaktiert und mich für den Fernsehfilm „Fegefeuer" über Jack Unterweger engagiert. Etwas später, 1994,
hat mich Willi Hengstler auch für den Spielfilm „Tief oben" mit Peter Simonischek geholt.
G'sund: Du bist schon mit 19 Jahren nach Amerika gegangen ?
Katharina Wressnig: Ja, ich wollte immer schon ins Ausland gehen. Ich habe zuerst mit dem Studium der Politikwissenschaft begonnen, aber es hat mich immer nur das Schauspiel wirklich interessiert. In New York habe ich die Schauspielschule von Stella Adler besucht. Von ihrer Schule kommen Schauspieler wie Robert de Niro, Marlon Brando oder Salma Hayek.
G'sund: Wie lange warst Du in New York ?
Katharina Wressnig: Ungefähr 1 ½ Jahre. Dann habe ich mich an der University of Southern California in Los Angeles beworben und dort weiter Schauspiel studiert. Nach dem Studium habe
ich dann in Musikvideoproduktion gearbeitet, um das Handwerk hinter der Kamera zu lernen, und Theater gespielt in Los Angeles und in Wien.
G'sund: Du hast während der Zeit einige Filme gedreht ?
Katharina Wressnig: Ich habe 1994 „Swimming with Sharks" mit Kevin Spacey gedreht. Das war überhaupt mein erster „Gewerkschaftsjob". In Amerika ist es nicht so einfach einen Job als
Schauspielerin zu bekommen. Du musst Mitglied bei der Gewerkschaft sein, um einen Job zu bekommen - musst aber auch einen Job haben, um überhaupt in die Gewerkschaft zu kommen....
Aber wir waren eine Gruppe junger kreativer Menschen, die sich immer gegenseitig geholfen hat und ich hatte auch viel Glück.
G'sund: Ich habe den Eindruck, dass dich alles interessierst, was mit Film zusammenhängt.
Katharina Wressnig: Ja, Film hat mich immer auf jeder Ebene interessiert. Ich habe daher zwei Jahre eine Ausbildung zum Drehbuchautor gemacht und ich weiß, dass ich in Richtung Regie
gehen werde. Beruflich war ich anfangs sehr ungeduldig, aber jetzt bin ich sehr froh, dass ich mein „Handwerk" von Grund auf gelernt habe mit allem, was dazugehört, vom Drehbuch schreiben, über
Kamera, Schauspiel und Produktion, bis hin zum Filmschnitt.
G'sund: Du drehst Filme und spielst Theater. Was machst Du lieber?
Katharina Wressnig: Beim Theater hast Du den direkten Kontakt mit dem Publikum und das ist sehr schön. Ich mag den Film als gesamtes Medium aber lieber. Es ist die Kombination so
vieler Disziplinen: Theater, Fotografie, Poesie, Architektur, Musik, Schnitt. Der Regisseur hat die Aufgabe diese Disziplinen auf eine Vision zu fokussieren, deshalb ist es mehr das Medium des
Regisseurs, als des Schauspielers.
G'sund: Wie unterscheidet sich die Arbeit des Schauspielers in Film und Theater?
Katharina Wressnig: Du musst Dir vorstellen, beim Film hast Du eine Szene zu spielen und weißt nie, wann Du die nächste Szene zu spielen hast, das kann Minuten später oder Stunden
später sein. Du musst mit deiner Energie haushalten und man muss sich seine emotionale Qualität erhalten. Man hat auch kaum oder gar keine Probenzeit. Die Arbeit am Theater ist im Normalfall viel
organischer - es gibt natürlich da und dort Ausnahmen.
G'sund: Was war Deine schönste berufliche Erfahrung?
Katharina Wressnig: (nachdenklich) Das kann ich so nicht sagen, da jeder Film immer wieder eine spannende Herausforderung für mich ist. 2000 hatte ich meine erste Hauptrolle im
psychologischen Thriller „Kitchen Privileges" mit Peter Sarsgaard als Filmpartner. 2005 spielte ich eine der Hauptrollen in „Seagull", dieser Film basiert auf dem Theaterstück „Die Möwe". All das
waren tolle Erfahrungen.
G'sund: Katharina, Du hast bereits zwei Drehbücher geschrieben. Wovon handeln diese?
Katharina Wressnig: Das eine ist eine Biografie über den Autor Thomas Paine, der als einer der Gründungsväter der Vereinigten Staaten gilt und sich für
Menschenrechte einsetzte. Diese Biografie wird mit dem Schauspieler Val Kilmer verfilmt werden. Das andere Buch, „Burned", habe ich gemeinsam mit den Autoren Louis Nader und Matt McCarty geschrieben.
Louis ist auch der Regisseur des Films, der dieses Jahr verfilmt werden soll. Es ist eine wahre Geschichte und handelt von einem 22-jährigen Physikstudenten. Dieser ist genial wie Einstein, leidet
aber am Asperger Syndrom, eine Form von Autismus. Während einer Aktion für die Umwelt wird er vom FBI als Bombenleger verhaftet, obwohl diese von seinen Freunden gelegt wurde. Aufgrund seines
Asperger Syndroms wirkt sein gesamtes soziales Verhalten merkwürdig und er bleibt trotz seiner Unschuldsbeteuerungen unter Verdacht.
Den Filmverleih übernimmt Bob Berney, der Filme wie „My Big Fat Greek Wedding", „Memento" oder „Tree of Life" mit Brad Pitt und Sean Penn vertrieb. Er soll Ende 2010/Anfang 2011 zu sehen sein.
G'sund: Wie wichtig ist Dir Familie, Freunde? Hast du vor, einmal nach Graz zurückzukommen?
Katharina Wressnig: Natürlich ist mir meine Familie sehr wichtig und ich komme mindestens einmal im Jahr nach Graz. Ich habe noch zwei Schwestern, Anna und Barbara. Anna ist
Meeresbiologin und arbeitet an der Woodshole Oceanographic Institution in der Nähe von Boston. Barbara studierte an der London School of Economics and Political Science und an der School of Oriental
and African Studies. Jetzt ist sie aber auch in Berlin und in der Filmbranche gelandet und arbeitet im Produktionsbereich. Mit meiner Mutter, sie ist Psychotherapeutin, bespreche ich oft die
Charaktere, die ich beschreibe oder spiele. Sie ist mir dabei eine große Hilfe. Und mein Vater ist einfach der größte Champion seiner drei Töchter. Aber Los Angeles ist jetzt mein Zuhause. Dort habe
ich mein soziales Netzwerk. In den letzten Jahren sind viele meiner New Yorker Freunde nach Los Angeles gezogen, was mein Leben um einiges bereichert hat. Freunde sind das wichtigste, wenn die
Familie weit weg ist.
G'sund: Wie sehen Deine Zukunftspläne aus?
Katharina Wressnig: Jetzt freue ich mich natürlich erstmal auf „Burned", in dem ich voraussichtlich auch mitspiele. Mein großes Ziel ist es aber Regie zu führen. Bei meinem dritten Buch, das ich gerade begonnen habe, werde ich auch Regie führen. Es handelt vom 19. August 1989, als bei St. Margarethen zur Feier der Öffnung Ungarns gegen Westen ein paneuropäisches Picknick abgehalten werden sollte. Ein Fest nur für Österreicher und Ungarn. Aber es kam alles ganz anders. Hunderte DDR-Bürger nutzten das Picknick und flüchteten nach Österreich. Und die Grenzbeamten Arpad Bella und Johann Göltl waren mittendrin. Arpad Bella nahm sogar fünf Jahre Haft in Kauf, um nicht zum Mörder zu werden. Eine unglaublich spannende und berührende Geschichte.
G'sund: Wie hältst Du Dich fit bzw. was machst Du für Dich persönlich?
Katharina Wressnig: Ich gehe bis zu fünfmal die Woche ins Fitnessstudio, und mache gelegentlich Pilates und Yoga. Ich brauche diese 45 Minuten Bewegung pro Tag, da man beim Schreiben viel sitzt. Jobbedingt lese ich natürlich sehr viel, vor allem Drehbücher, und sehe mir viele Filme an. Ich habe einen „Writer's Circle" mit Freundinnen. Wir treffen uns alle zwei Wochen, unterstützen uns bei unseren Projekten, und tratschen bei einem - oder gelegentlich mehreren - Gläsern Wein über Gott, die Welt, und natürlich die Liebe.
G'sund: Ich habe den Eindruck, dass Du ein sehr offener und geselliger Mensch bist.
Katharina Wressnig: (schmunzelt) Merkt man das? Ja, ich bin wirklich ein sehr geselliger Mensch, treffe mich gerne und oft mit Freunden. Im Sommer machen wir viele Barbecues in LA.
G'sund: Welchen Rat würdest Du jungen Menschen geben, die Künstler werden wollen oder welchen Rat, wenn sie ins Ausland gehen möchten ?
Katharina Wressnig: Ich glaube man muss der eigenen Intuition folgen. Wenn man auf sie vertraut, führt sie einen an die richtigen Stellen.
Curriculum Katharina Wressnig
Geboren: 29. Februar
Wohnort: Los Angeles
Beruf: Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin
Sternzeichen: Fische
Familie: meine Eltern Kurt und Inge und meine Schwestern Anna und Barbara
Musik: Ich höre alles von Radiohead, Greenday und Death Cab for Cutie, bis hin zu Jamie Cullum und den Jackson 5. In letzter Zeit habe ich auch Opern wiederentdeckt. Die Oper hat
etwas sehr cinematisches. Nicht umsonst verwenden Regisseure wie Coppola und Kubrick oft Opernelemente in ihren Filmen.
Lieblingsbuch: Ich mag besonder Autoren wie Ian McEwan, oder Isabella Allende, die mit den fünf Sinnen und Emotionen arbeiten. Tolstoy, besonders Anna Karenina hat bei mir einen
großen Eindruck hinterlassen, als ich es zum ersten Mal las.
Und da gibt es ein Kinderbuch von einem großen Bären mit goldenen Stiefeln und einem kleinen Bären mit silbernen Stiefeln, deren Haus vom Sturm weggeblasen wird, und die dann auf Reisen gehen um es
zu wieder zu finden. Dieses Buch versuchen meine Schwester Anna und ich seit Jahren wieder zu finden.
Hobby: Reisen, Bücher, Filme, Freunde, Kunst, Musik.
Größtes Anliegen: Filme machen, die die Sinne öffnen und das Herz berühren, die etwas Positives zum Leben beitragen.
Veröffentlicht: Katharina Wressnig. Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin. In Gsund. Die besten Seiten der KAGes. Nr. 6 September 2010. Seite 62 - 63.
Quelle: www.gsund.net.