Helmut Müller. Transplant-Chirurg mit Liebe zur Geige
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- Helmut Müller im Porträt
Helmut Müller. Transplant und Vierteltakt
Text: Reinhard A. Sudy
Fotos: Reinhard A. Sudy, Privat
Seine Leidenschaft für die Musik und das Geigenspiel ist ein wesentlicher Teil des Lebens von ao. Univ. Prof. Dr. Helmut Müller, ebenso wie die höchst anspruchsvolle und faszinierende Arbeit als Transplantationschirurg für Nieren- und Lebertransplantationen.
Seine berufliche Heimat ist die 1994 gegründete „Klinische Abteilung für Transplantationschirurgie der Universitätsklinik für Chirurgie des Landeskrankenhaus-Universitätsklinikums Graz“. So lautet die offizielle Bezeichnung des hochspezialisierten Arbeitsplatzes von ao. Univ. Prof. Dr. Helmut Müller im Erdgeschoß des in die Jahre gekommenen „Chirurgieturms“. An dieser Klinischen Abteilung erfolgt die ambulante und stationäre Behandlung von Patienten, die für eine Transplantation eines soliden Organes oder für eine Überbrückungsmethode in Frage kommen. Sie werden hier nach diagnostischer und klinischer Abklärung konservativ oder operativ behandelt.Stolz ist Helmut Müller darauf, dass die Klinische Abteilung für Transplantationschirurgie zusammen mit der Klinischen Abteilung für Kardiologie seit Herbst 2001 ein Center of Excellence ist: „Dadurch sind die betroffenen Patienten im Zentrum einer Reihe von Spezialisten und werden durch klare und transparente Gesundheitspfade rasch der geeigneten Behandlung zugeführt.“ Als eine besonders wichtige Aufgabe sieht der selbst für Transplantationen von Nieren und Leber verantwortlicheHelmut Müller die hier angesiedelte Koordination der Organspenden in Südösterreich.
Neben seiner Leidenschaft für die Chirurgie, im Besonderen für die Transplantationschirurgie, ist Helmut Müller ein ebenso leidenschaftlicher wie begabter Musiker. Als er am 9. Mai 1965 im Sternzeichen des Stiers in Graz geboren wurde , wusste er noch nichts von seinen lebenslangen, oft überraschenden Weichenstellungen zwischen Medizin und Musik. Helmut Müllers Leben war immer eng mit der steirischen Landeshauptstadt verbunden. So studierte er nach der Volksschule in Mariagrün und der Reifeprüfung im Bundesgymnasium und Bundesrealgymnasium Kirchengasse noch an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz und wurde dann am Landeskrankenhaus -Universitätsklinikum Graz zum Facharzt für Chirurgie ausgebildet. Dieser augenscheinlich so klare Weg war in Wirklichkeit durch Helmut Müllers Liebe zur Musik und zum Geigenspiel viel verschlungener. Beinahe wäre er Pädagoge und Musiker geworden.
Die Liebe zur Geige
„Mein Vater, selbst ein Berufspilot, hätte mich gerne etwas Technisches studieren gesehen“, erinnert sich Helmut Müller. „Meine Großmutter mütterlicherseits aber war überaus musikalisch, sie sang gerne und spielte wunderbar Zither. Auch meine Mutter selbst, eine Volksschullehrerin, spielte sehr gerne Klavier.“ So konnten, von den Eltern gefördert, Helmut Müller und seine fünf jüngeren Geschwister alle ein Instrument lernen. Der heute 46 jährige Transplantationschirurg entschied sich damals im sechsten Lebensjahr für die Geige. Wegbereiter für diese Entscheidung war wohl sein Onkel der ein Geigenpädagoge ist.
An der damaligen Landesmusikschule, dem heutigen Johann-Joseph-Fux-Konservatorium des Landes Steiermark in Graz, wurde Helmut Müller von Helga Reiser unterrichtet. „Sie war streng und forderte viel, war aber auch sehr begeisterungsfähig und interessiert, und wir hatten bis zu ihrem Tod regelmäßigen Kontakt“ erinnert er sich dennoch gerne an seine erste Musiklehrerin. Heute noch ist Helmut Müller stolz darauf, dass er bei dem Konzert mit Josef Haydns Violinkonzert in G-Dur anlässlich ihrer Pensionierung die Sologeige spielen durfte. Mit seinem nächsten Musiklehrer, Mag. Karl Vogl, verbindet Helmut Müller noch heute eine tiefe Freundschaft. Neben dieser musikalischer Ausbildung und dem Schulbesuch blieb sogar noch Zeit für Sport, vor allem Volleyball und Fußball machten dem jungen Helmut Müller viel Spaß, und für die Pfadfinder bei der Grazer Gruppe G 11.
Zwischen Musik und Medizin
Erste Gedanken über seine berufliche Zukunft machte sich Helmut Müller in der sechsten oder siebenten Mittelschulklasse: „Ich überlegte damals ernsthaft, Germanistik und Musik (Geige) zu studieren und Mittelschullehrer zu werden, entschied mich dann aber doch für die Faszination der Medizin.“ Es gibt zwar in seiner Familie weit und breit keinen Arzt, aber ein Schlüsselerlebnis im Alter von zwölf Jahren dürfte diese Entscheidung beeinflusst haben. Mit einem Milzriss nach einem Schiunfall kam Helmut Müller in die Grazer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie, damals noch im Gelände zwischen Mozartgasse und Heinrichstraße untergebracht. Fast einen Monat verbrachte er hier. Rückblickend empfindet Helmut Müller diese heikle Zeit als beängstigend und faszinierend zugleich. „Zwei Wochen wurde ich intravenös ernährt, die Milz blieb mir am Ende glücklicherweise erhalten, und ich hatte viel Zeit, Ärzte und Pflegefachkräfte nach allem zu fragen, was mich so interessierte. Und ich wollte ziemlich alles wissen“, erinnert sich Helmut Müller an seinen ersten längeren Aufenthalt in einem Krankenhaus. Für eine Zeitlang war damit die medizinische Laufbahn klarer Favorit. Die Musik und Leidenschaft zur Geige ließ Helmut Müller aber während des Medizinstudiums nicht los. Zumindest ein- bis zweimal die Woche wurde mit ebenso musikbegeisterten Freunden Kammermusik im privaten Rahmen und bei privaten Auftritten gemacht.
Fast zu einer Wende und zum Wegbereiter für eine musikalische Laufbahn wurde im Februar 1998 die „Muski-Woche“ in Bad Aussee. Organisiert von Helmut Müllers Freund Peter Krisper, heute ebenfalls Arzt, trafen sich etwa 20 bis 25 musikbegeisterte junge Studenten und Hobbymusiker sowie Berufsmusiker in einem Wochenendhaus zum gemeinsamen Musizieren. „Diese intensive Auseinandersetzung und das Üben und Spielen mit anderen Musikern empfand ich so toll und stimmten mich euphorisch, dass ich mich zum Medizinstudium noch für ein Musik- und Geigenstudium entschied“ erinnert sich Helmut Müller lächelnd. Er hörte sich auf der Musikhochschule nach den Möglichkeiten um, sprach dann den renommierten Professor Christos Polyzoides an und spielte ihm ein Konzertrondo von Mozart vor, das er vorher natürlich geübt hatte. Dieser zeigte sich interessiert und motivierte Helmut Müller mit den Worten: „Du bist begabt und kannst Geiger werden.“ Damit begannen zwischen Euphorie und Beklommenheit die Vorbereitungen für die Aufnahmeprüfung. Helmut Müller nahm Unterricht bei Ulrike Danhofer, heute Professorin an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, übte einen Sommer lang überaus intensiv und lernte unter anderem, „den kleinen Finger auf der Bogenstange zu halten“. Die Prüfungskommission überzeugte er mit einem seiner Lieblingsstücke, dem ersten Satz des 5. Violinkonzerts von Mozart in A-Dur. Auch die theoretische Prüfung war kein Hindernis, um dann in den beiden folgenden Jahren vom Herbst 1989 bis zum Sommer 1991 als ordentlicher Student an der Musikhochschule zu studieren und jeden Tag ein bis zwei Stunden zu üben. Zu diesem Zeitpunkt wurde Helmut Müller mit dem Medizinstudium fertig. Die Wartezeit auf eine Ausbildungsstelle zum Turnusarzt sollte nun genutzt werden, um die täglichen Übungseinheiten mit der Geige auf fünf Stunden auszudehnen. Der vorher notwendige Organisationsaufwand für die Praktika zum Ende des Medizinstudiums und die Koordination mit dem fordernden Pflichtfach des Hochschulorchesters, die anstrengende und zugleich spannende Doppelbelastung zweier Studien wären ja weggefallen. Doch es kam wieder anders. Schon während des Medizinstudiums hatte Helmut Müller besonderes Interesse an der Kinderheilkunde, der Psychiatrie und der Chirurgie gefunden. Und dann standen plötzlich die Ausbildungsstellen zum Turnusarzt und dann zum Facharzt für Chirurgie früher als erwartet zur Verfügung. Helmut Müller nützte diese Chance und
konzentrierte sich auf seine medizinische Laufbahn.
Abendliche Gartenkonzerte
Doch ganz kam die geliebte Geige auch während der Facharztausbildung nicht zur Ruhe. Als Ärztequartett spielte Helmut Müller (erste oder zweite Geige) gemeinsam mit Peter Krisper (Bratsche), Lukas Kenner (erste Geige) und Markus Neuray (Violoncello) eine Zeitlang regelmäßig Kammermusik und trat gelegentlich im privaten Rahmen oder bei Ärztekongressen auf. Bei den von seiner Schwester Johanna Müller-Frey zwischen 1995 und 2000 in der Gartenanlage des elterlichen Hauses am Rosenberg organisierten abendlichen Sommerserenaden wurden große Mozartopern wie Die Zauberflöte, Don Giovanni, Cosi fan tutte oder Figaro gespielt. Dafür wurden eigens ein Orchesterpodium aufgebaut, Sitzplätze für 300 Besucher aufgestellt und auf ein schönes Wetter an den Abenden der Aufführungen gehofft. „Die Stimmung bei den immer „ausverkauften“ Gartenveranstaltungen war eigentlich jedes Mal toll“ schwärmt Helmut Müller heute noch.Nach einer längeren Pause dieser erfolgreichen musikalischen Abende gibt es mit den „Abendserenaden“ an zwei bis drei Sommerabenden eine würdige Nachfolgeveranstaltung in diesem romantischen Gartenambiente. Diese werden wieder von Helmut Müllers Schwester Johanna, selbst Pianistin, Sängerin und Pädagogin für Klavier und Gesang in Graz, organisiert. Von seinen weiteren Geschwistern ist Gertrud Software Consulterin in Deutschland, Robert ist als Jurist beim Verein für Patientenanwaltschaft und Sachwalterschaft tätig, Ulrich ist Dozent für Holzwissenschaften an der Universität für Bodenkultur in Wien und Martin studiert Tontechnik und ist ein vielseitig engagierter Bassgitarrist .
Musik bleibt Teil des Lebens
Helmut Müllers Zeit für seine über alles geliebte Musik und das Geigenspiel ist zuletzt knapper geworden. Neben den beruflichen Herausforderungen liegt das wohl auch an einem Master of Science-Studium an der IMC Fachhochschule Krems. So „ruht“ derzeit durch einige berufliche Entwicklungen auch die letzte Formation, ein Klavierquartett mit Johanna Müller-Frey (Klavier), Franz Laback (Violoncello), Peter Krisper (Bratsche) und Helmut Müller (Geige). Nach wie vor aber spielt Helmut Müller bei großen Messen in der Mariahilferkirche, in der Grabenkirche und in der Jugendstil-Pfarrkirche des Grazer Landeskrankenhauses. Und wenn seine beiden Töchter Hannah (12 ½ Jahre) und Alma (gerade 7 ½ Jahre) bei ihm in Graz sind, wird gemeinsam aufgegeigt. „Mein Traum wäre ein wirklich intensiver, musikalischer Sommerurlaub, allein oder in einer Kammermusikformation, und dazu eine professionelle Betreuung“ beschreibt Helmut Müller seine musikalische Vision und ergänzt abschließend: „Es ist für mich eine musikalische Erfüllung, wieder in einem Klavierquartett zu spielen“.
Kontakt: helmut.muller@medunigraz.at
Stand: Mai 2011.
Gekürzt veröffentlicht: Transplantation im Vierteltakt. In: AERZTE Steiermark. Das Magazin der Ärztekammer Steiermark. Ausgabe Oktober 2011. Seite 22 - 23.