Das steirische Landeskrankenhaus Hartberg als Vorzeigespital: Change to Future

Text und Fotos: Reinhard A. Sudy

Mit einem zentralen Bettenmanagement, einer Pflegemediation und einer 5-Tage-Station als Herzstück einer erfolgreichen Neuorientierung hat in dem oststeirischen Akutspital die Zukunft bereits begonnen. Der Ausbau ambulanter Operationen, die Entwicklung zum Gesundheitszentrum und die Gestaltung des Pflegebereichs sind einige der weiteren Vorhaben für eine anspruchsvolle Patientenversorgung. Dem trägt nun auch der aktuelle steirische Regionale Strukturplan Gesundheit (RSG) Rechnung.

 

Inhalt

Regionale Verbundenheit

Vision „Vorzeigespital“

Ziele 2007

Zentrales Bettenmanagement

Pflegemediation

5-Tage-Station

Abenteuer „Change“

Von der Idee zum Alltag

 

Regionale Verbundenheit

Eingebettet in das oststeirische Hügelland, am Rande der Bezirkshauptstadt Hartberg gelegen, ist das 1999 neu erbaute

Landeskrankenhaus Hartberg ein gelungenes Beispiel für moderne und menschengerechte Spitalsarchitektur. Der besondere Landschaftsbezug und die Bedachtnahme auf Umweltverträglichkeit fanden 2000 ihre Anerkennung durch die Verleihung des steirischen "GERAMB-Dankeszeichen für gutes Bauen". Die Verbundenheit der Bevölkerung und Patienten mit „ihrem“ Krankenhaus und das Engagement der Mitarbeiter und Führungskräfte zeigte sich eindrucksvoll bei den jüngsten Jubiläen. Bei der Leistungsschau am Tag der offenen Tür anlässlich „10 Jahre Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe am LKH Hartberg“ im September 2009 wurden über 1000 Besucher gezählt. Das im Jahr darauf die Festgäste beim Festakt zum 100-Jahr-Jubiläum des LKH Hartberg

immer wieder in die Höhe schauten lag an zwei „fliegenden Inventarstücken“, einem Krankenbett und einer Transportliege in 20 Metern Höhe. Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari sprach dabei über Idee und Praxis der Krankenversorgung, der die im LKH Hartberg über Jahrzehnte tätigen Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul ganz besonders verbunden waren. Was schon vor diesen Feierlichkeiten an weitblickenden Weichenstellungen erfolgt war, um Aufnahme, Aufenthalt und Entlassung und das Leistungsangebot erfolgreich den Bedürfnissen der Patienten und ihrer Angehörigen anzupassen, ist in der Öffentlichkeit und auch in der Spitalsszene weitestgehend unbeachtet geblieben.

 

Vision „Vorzeigespital“

Eine visionäres und überaus engagiertes Führungsteam mit dem Ärztlichen Leiter und Primarius Dr. Kurt Resetarits, der Pflegedirektorin Brigitte Hahn und dem Betriebsdirektor Klaus Dietrichan der Spitze hat bereits 2007 eine noch stärkere Ausrichtung der wesentlichen Patientenprozesse an den offenkundigen Bedürfnissen und die ersten Schritte einer Neuorientierung des LKH Hartberg in Angriff genommen. Im Zentrum einer umfassenden und aufwändigen Organisationsveränderung stand ein zentrales Bettenmanagement, ein Entlassungsmanagement mit Pflegemediation sowie eine 5-Tage-Station. Nach deren erfolgreichen Einführung (2008) und Evaluierung (2009) sind bereits neue Schritte geplant, um das Erreichte zu festigen und weiter zu entwickeln. Der aktuelle Regionale Strukturplan Gesundheit (RSG) für die Steiermark schließt hier nahtlos an: Das LKH Hartberg ist auch als Pilot-Spital für ein Gesundheitszentrum vorgesehen (in der Phase 1 von 2011 - 2013). Und es kommt zur Errichtung einer Ambulanten Erstversorgungseinheit (AEE) sowie zur Erweiterung des derzeitigen psychiatrischen Angebotes zu einer dislozierten Tagesklinik für Psychiatrie (in der Phase 2 von 2014 - 2016). Damit ist das LKH Hartberg auf dem besten Weg zu einem österreichweiten Vorzeigespital. Doch eines nach dem anderen.

 

Die Ziele

Die folgenden Ziele für die ehrgeizige Vision, ein "Vorzeigespital" zu werden, wurden erstmals 2007 formuliert. Sie wurden konsequent verfolgt und ungewöhnlich rasch umgesetzt (2008).

  • Schaffung eines tagesklinischen Angebotes für eine 5-Tage-Station, mit interdisziplinärer Belegung
  • Einführung von präoperativen Untersuchungen für geplante ausgewählte Eingriffe, durch Anästhesisten/Chirurgen/Gynäkologen einschließlich einer Pflege(kurz)anamnese
  • Neuorganisation des OP-Managements
  • Einführung eines zentralen Bettenmanagements für das gesamteLKH, als Koordination aller geplanten und akute Aufnahmen, unter Berücksichtigung interdisziplinärer Belegung
  • Einführung eines zweiten DGKS-Journaldienstes an der Medizinischen Ambulanz, neben dem bereits vorhandenen DGKS-Journaldienst an der Chirurgischen Ambulanz (die beiden DGKS betreuen nun interdisziplinär die Medizinische und die Chirurgische Ambulanz)
  • Umsetzung begleitender Maßnahmen: Umwidmung von
    Patientenzimmern für ein Stillzimmer und für die Diabetes/Hochdruck-Schulung, Veränderung der Arbeitszeit (bis 19.00 Uhr)und des Arbeitsprofils (interdisziplinäre Aufgabenstellung) der Sekretärinnen ohne Personalaufstockung, Einführung eines Feedback-Systems für die 5-Tage-Station, präoperative Untersuchung und Pflegemediation
  • *Weitere Senkung der Verweildauer (die Belagsdauer je Fall betrug 2000 noch 6,08 Tage, lag 2006 bei 5,56 Tagen, 2009 bei 4,18 Tagen und 2010 bei 4,09 Tagen. Für 2011 wird eine Belagsdauer je Fall von unter 4 Tagen erwartet)

 

Zentrales Bettenmanagement

Mit dem zentralen, externen und internen Bettenmanagemen wird von den verantwortlichen DGKS die interdisziplinäre Belegung der Betten im gesamten LKH Hartberg bestmöglich umgesetzt. Ihr Überblick über die Bettenauslastung trägt heute dazu bei, dass die Patienten keine lange Wartezeitenauf OP-Termine und endoskopische Untersuchungen haben.

 

Die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung sind vielfältig, die

dabei von den DGKS zu bewältigen sind:  

  • Ansprechpartner für alle geplanten und akuten Aufnahmen sowie Transferierungen
  • Vergabe von OP-, Ambulanz- und Endoskopie-Terminen
  • Erstellung eines kontinuierlichen OP-Sockelprogramms in der Planungsliste
  • Interdisziplinäre Belegung der Stationen und gleichmäßige Verteilung nach Pflegeabhängigkeit der Patienten
  • Zusammenarbeit mit den zuweisenden Ärzten und Bedachtnahme auf die Wünsche der Patienten
  • Empfang der geplanten Aufnahme-Patienten und Zuweisungmit den vorbereiteten Befundunterlagen auf die Stationen

Ein eigenes Computerprogramm mit graphischer Darstellung der geplanten Aufenthalte unterstützt die Vorausplanung im Bettenmanagement. Wichtigste Voraussetzung ist die Eingabe der voraussichtlichen Verweildauer, die bei Veränderungen zu aktualisieren ist.

 

Die bisherigen Erfahrungen und die Evaluierung bestätigten die

anfangs erwarteten Vorteile:

  • Ansprechperson: Alle Informationen laufen über eine zentrale Stelle. Sie werden auf das Wesentliche reduziert und der oft zeitaufwändige Informationsaustausch zwischen den Funktionseinheiten ist weggefallen
  • Zeitersparnis: Die oft zeitraubende Bettensuche der Ambulanz bei akuten Zugängen oder bei Verlegungen auf den Stationen ist weggefallen
  • Auslastungskontinuität: Die planbaren, stationären Behandlungen werden koordiniert und notwendige interdisziplinäre Maßnahmen eingeleitet
  • OP-Planung: Eine abgestimmte Anzahl von geplanten OP ist nun kontinuierlich möglich
  • Endoskopie-Auslastung: Die geplanten Terminvergaben und die Information der Patienten gewährleistet einen reibungslosen Ablauf
  • Kommunikation: Die Kommunikation und der Informationsfluss zwischen den Stationen, Abteilungenund Funktionsbereichen hat sich wesentlich verbessert

 

Pflegemediation

Zur Verbesserung des Entlassungsmanagements wurde bereits 2003 von der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse für einige Jahre ein „Versorgungskoordinator“ eingesetzt, der noch während des Spitalsaufenthaltes des Patienten in die Entlassungsvorbereitung mit einbezogen wurde. Als Pilotspital  machte das LKH Hartberg durchaus positiven Erfahrungen damit - auch für die Eigenentwicklung einer Pflegemediation -, wurden doch durch den Versorgungskoordinator die Kommunikation zwischen Krankenhaus, Hausärzten, extramuralen Einrichtungen/Pflege und Patient/ Angehörigen hergestellt und die Anträge für Heilbehelfe, Rehabilitation, genehmigungspflichtige Medikamente usw. abgewickelt.

Ein umfassend erfolgreiches Entlassungsmanagement beginnt nach Brigitte Hahn aber bereits im Vorfeld eines Krankenhausaufenthaltes, bei der Zusammenarbeit mit den „Zuweisern“ und der Aufnahme des Patienten, und trägt auch Sorge für die Nachbetreuung. Im LKH Hartberg wird dies heute durch das zentrale Bettenmanagement und die Pflegemediation sichergestellt.

Die Pflegemediation definiert in gemeinsamen Gesprächen mit Patienten und Angehörigen die sinnvolle Betreuung nach Krankenhausaufenthalten auf fachlich gesicherter Basis und leitet diese auch in die Wege. Mit dieser kostengünstigen und familienfreundlichen Form eines Entlassungsmanagements konnte im LKH Hartberg ein wichtiger Beitrag zur weiteren Verkürzung der Verweildauer geleistet werden. „2010 wurden am LKH Hartberg 1.699 Patienten unter Einsatz der Pflegemediation entlassen" berichtet Brigitte Hahn: „Das waren 35 Prozent der internen Patienten und 12 Prozent der Patienten mit chirurgischen Eingriffen. Schließlich hat ja nicht jeder Patient diesbezüglichen Bedarf." Die überaus positiven Erfahrungen des österreichweiten Pionierspitals (September 2007 –Dezember 2008) wurden mittlerweile an andere Spitäler und Spitalsträger weiter gegeben.

 

5-Tage-Station

Die Schaffung eines tagesklinischen Angebotes für eine 5-Tage-Station mit interdisziplinärer Belegung, die Einführung von präoperativen Untersuchungen für geplante ausgewählte Eingriffe und dadurch bedingt die Neuorganisation des OP-Managements waren bereits ein wesentlicher Teil der 2007 formulierten Ziele für die Neuorientierung des LKH Hartberg. Damit wurde der neueste Standmedizinisch-pflegerischer Entwicklungen frühzeitig sicher gestellt. Auch der Vorgabe des aktuellen RSG nach einer „deutlichen Stärkung der ambulanten und tagesklinischen Versorgung in der Nähe der Patienten-Wohnorte“ wird bereits Rechnung getragen. Die 5-Tage-Station hat 28 Betten, davon 12 von der internen und 16 von der chirurgischen Abteilung. Der Gesamt-Bettenstand des LKH Hartberg wurde von 207 auf 180 Betten verringert.

 

Abenteuer „Change“

Einfach war es nicht, die tiefgreifenden Veränderungen der letzten Jahre im LKH Hartberg so erfolgreich und mit der hohen Akzeptanz bei den Mitarbeitern und Führungskräften umzusetzen. Die Vision und die Zielvorstellungen waren bereits von Anfang an klar. Nach Kurt Resetarits wurde bereits vom Beginn im Frühjahr 2007 an auf breiteste und wiederkehrende Informationen, auf Kommunikation und die Einbindung aller Mitarbeiter und Führungskräfte Bedacht genommen: „Die externe Unterstützung für Moderationen, Dokumentationen usw. bewährte sich. Dennoch führten die einschneidenden Entwicklungs- und Veränderungsprozesse so manches Mal an Grenzen."  In allen Abteilungen des LKH Hartberg und mit allen Berufsgruppen gab es Workshops für Organisations- und Teamentwicklungen, um aus den Zielen ein detailliertes und gemeinsames Konzept „LKH Hartberg 2008“ zu erarbeiten. Dieses war im September 2007 fertig. Nach der letzten Abstimmung in einer um die Primarii und Betriebsratsvorsitzenden erweiterten Sitzung der Anstaltsleitung wurde das endgültige Konzept der mittleren Führungsebene und bei einer Betriebsversammlung allen Mitarbeitern vorgestellt. Bereits im November 2007 begann die Umsetzung mit einem Probelauf und im Jänner 2008 der Echtbetrieb.

 

Von der Idee zum Alltag

Einmal auf den Geschmack gekommen und durch die erfolgreiche Evaluierung 2009 beflügelt, ging es gleich weiter. Von den für 2010 und die Folgejahr vorgenommenen weiteren folgenden Zielsetzungen wurden einig inzwischen bereits zum Alltag.

  • Die in Zusammenarbeit mit der Landesnervenklinik Sigmund Freud Graz geplante, dislozierte psychiatrische Ambulanz ist in Betrieb. Eine dislozierte Tagesklinik für Psychiatrie ist im RSG für die Phase 2 (von 2014 - 2016) vorgesehen: Damit werden freigewordene Raumkapazitäten sinnvoll für eine wohnortnahe Patientenversorgung genutzt
  • Die Gestaltung patientenbezogener Prozesse in den Bestellambulanzen ist erfolgt
  • Die Ausweitung des tagesklinischen Leistungsangebotes ist ebenso ein Dauerthema wie die Steigerung der präoperativen Abklärungen und der OP-Vormerkungen
  • Das OP-Statut wird weiter entwickelt
  • Das Rollout des Risk-Managements wurde - nach der Abteilung für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und der Anästhesiologischen Abteilung - mittlerweile auf das gesamte LKH Hartbergausgedehnt und mit Ende 2011 abgeschlossen.

Der Ausbau ambulanter Operationen, die Entwicklung zum Gesundheitszentrum und die weitere Umsetzung des Risk-Managementssind aktuelle Entwicklungen, die sich besonders an den Bedürfnissen der Patienten orientieren und die Qualität und Sicherheit der Patientenversorgung in den Mittelpunkt stellen. Mit einer intensiven Informations- und Kommunikationspolitik, der zeitgemäßen Gestaltung des Pflegebereichs (DGKS, Pflegehelfer, hauswirtschaftlicher Dienst) und der mittlerweile auf viele Bereiche des beruflichen Alltags ausgedehnten betrieblichen Gesundheitsförderung wurden bzw. werden auch auf für die Mitarbeiter Rahmenbedingungen für die Bewältigung der umfangreichen Veränderungen geschaffen. Jüngste Befragungen der Mitarbeiter reflektieren der darauf durchaus stolzen Anstaltsleitung Zufriedenheit mit der Entwicklung des LKH Hartberg zu einem „Vorzeigespital“.

 

Quellen

Gespräch mit der Pflegedirektorin Brigitte Hahn und dem Ärztlichen

Leiter und Primarius Dr. Kurt Resetarits

www.lkh-hartberg.at > Quick Links >Pflege > Zentrales    Bettenmanagement

www.gsund.net > G’sund Online > Ausgabe 58: Juni 2008 (Print: Seite 32)

 

Kontakt

Dr. Reinhard A. Sudy

freier Journalist

reinhard.sudy@gmx.at

www.reisepanorama.at

 

 

Stand: Dezember 2011 (letzte Änderung: 12.10.2012).

Gekürzt und geändert veröffentlicht:

Landeskrankenhaus Hartberg - Beispiel für wirksames

Veränderungsmanagement. In: QUALITAS. Zeitschrift für Qualität und Entwicklung in Gesundheitseinrichtungen. Ausgabe 04/2011. Seite 14 – 18.

LKH Hartberg. Fotogalerie

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