Heiteres und weniger Bekanntes aus der Sport-Welt
Hier lesen Sie über
- Tough Guy Race
- 1894. Erstes Fußballmatch in Österreich
- Fußballgeschichte. Von England nach Graz
- Verkehrstafen. Zum Schauen und Schmunzeln
Tough Guy Race bei Wolverhampton, England
Isabell Sudy-Hofer
Tough Guy Race in der Nähe der Stadt Wolverhampton bei Birmingham
Österreich Heute vom 31.1.2014, Seite 12
Wiens schönstes Schlamassel
Geduld bitte, in Arbeit!
Mit einem Medizinstudenten kam der Fußball nach Graz. Der allererste Ankick am 18. März 1894
Wien, Klagenfurt, Innsbruck und Salzburg – die Austragungsorte der ersten Fußball-Europameisterschaft in Österreich stellen Graz gewissermaßen ins Abseits. Kein Grund zur Traurigkeit: Denn historisch betrachtet, nimmt Graz eine unveräußerliche Spitzenposition ein, und zwar als Schauplatz des allerersten Fußballspiels vor nunmehr 114 Jahren …
Ein Fußball aus Prag
Den braunen Lederball dazu hatte der Medizinstudent Georg August Wagner (unter Freunden „Güschtl“ genannt) aus Prag mitgebracht. Von den Eltern war er ins noch nicht fußballinfizierte Graz geschickt
worden, um neben dem neuen Sport sein Studium nicht zu vernachlässigen. Das hielt Güschtl jedoch nicht davon ab, gleich in seinem ersten Grazer Semester bei Kickübungen im Messegelände ein Team
Gleichgesinnter um sich zu scharen, vorwiegend Medizinstudenten.
Der 18. März 1894
Aus dem Messegelände verbannt, wichen die Kicker auf die Stadtparkwiese vor der Landesturnhalle aus, um hier ihre Torstangen aufzupflanzen. Zwar schimpften die Passanten über die Fußballer „mit ihren
Bohnenstecken“ und ihre „narrischen G’schichten im Stadtpark“, doch das junge Team ließ sich nicht unterkriegen. Am 18. März 1894 war es so weit: Verwandte und Bekannte besuchten das erste Match. Die
Mannschaft Nr. 1 unter Kapitän Wagner siegte, während die zweite folglich unterlag.
Doch auch Verlierer können gewinnen: Der Medizinstudent Fritz Pregl aus der Mannschaft Nr. 2 erlangte immerhin 1923 den Chemienobelpreis. Und „Güschtl“ Wagner wurde auf den Tag genau sieben Jahre nach dem epochalen Fußballspiel zum Doktor der Medizin promoviert. In Wien habilitierte er sich für Gynäkologie, wurde Professor in Prag und sodann an der Charité in Berlin.
Quelle: Norbert Weiss: Der allererste Ankick. Mit einem Medizinstudenten kam der Fußball ins Land. In: Gsund. Menschen helfen Menschen. Nr. 58 Juni 2008. Seite 58.
Kleine Fußballgeschichte. Von England in den Grazer Stadpark
Was ist ein Fußball? Ein Ball, der nicht mit der Hand, sondern mit dem Fuß in Bewegung gesetzt wird. Zumindest meistens. Auf Chinesisch heißt er deshalb auch treffend ts΄uh-küh, was man vielleicht am besten mit „Tret-Ball“ übersetzen wird. Das Innenleben der chinesischen Tretbälle wurde bereits in der Tang-Dynastie (618–907) revolutioniert, als luftgefüllte Modelle die älteren ausgestopften verdrängten. Angehalten wurde die Luft von einer Tierblase mit einem Überzug aus zusammengenähten fünf- und sechseckigen Lederstücken. Um nicht zu ausführlich zu werden, hier nun erst einmal ein großer Zeitsprung. In Abmessungen und Gewicht entsprachen die chinesischen ziemlich genau den heutigen Fußbällen, was dadurch erklärlich wird, dass die Form der Letzteren im 19. Jahrhundert normiert wurde, als sie ebenfalls noch Tierblasen (von Schwein oder Rind) enthielten. Das Design mit den Fünf- und Sechsecken wurde dagegen erst Ende der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts als am vorteilhaftesten wiedererfunden (diesmal nach langwierigen Testserien der Firma Adidas). Der neue Ball hieß „Telstar“, was mit dem inzwischen verbreiteten Fernsehen zusammenhängt, und sauste gut sichtbar über die (vorerst noch) Schwarzweißbildschirme.
Wie weit unsere moderne Fußballtradition eigentlich zurückreicht, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Spiele, in denen Bälle nach mehr oder weniger festgelegten Regeln mit dem Fuß befördert wurden, sind aus Antike und Mittelalter überliefert. Zuletzt bildete England ein Zentrum des Fußballspiels, doch starb dieses hier im 17. und 18. Jahrhundert nahezu aus. Wohlgemerkt: nahezu.
Englische Eliteschulen reaktivierten nämlich danach das in Vergessenheit geratene Ballspiel, indem sie es als sportliche Aktivität auf ihren Lehrplan setzten – besser gesagt: auf ihre Lehrpläne. Es gab da nämlich anfangs beträchtliche Unterschiede, die sich letztlich auch aus der verschiedenartigen Natur der Spielplätze ergaben. Wo der Boden gepflastert und der Raum beengt war, herrschten sicherheitshalber strengere Regeln. Da der Ball hier fast nur mit dem Fuß gespielt werden durfte, liegt hier der Ursprung unserer heutigen Fußballregeln.
Regeln aus dem Pub verbieten das Beintreten
Mit den Absolventen verließ der Fußball ab 1855 seine Stammschulen. Die begeisterten Kicker gründeten da und dort Fußballklubs und trugen untereinander Wettspiele aus. Dabei wurden die Abweichungen in den Regelwerken natürlich als Hemmnis empfunden. Typisch englisch, wurde diesem Missstand in einem Londoner Pub ein Ende gesetzt. Im Herbst 1863 gründete sich hier die „Football Association“ (wovon sich übrigens das Kurzwort „soccer“ ableitet) und verabschiedete nach sechs Sitzungen – manchen fiel es schwer, sich von liebgewordenen Traditionen wie dem Laufen mit dem Ball, dem Festhalten und Anrennen des Gegners sowie dem Beintreten zu verabschieden – die ersten modernen Fußballregeln.
Neben den Verboten enthielten die dreizehn Paragraphen auch maximale Spielfeldabmessungen: 100 x 200 Yards (ein Yard ist fast so lang wie ein Meter, d. h. seither sind die Spielfelder geschrumpft). Außerdem eine Beschreibung der Tore: zwei aufrechte Pfosten in knapp zweieinhalb Meter (8 Fuß) Abstand ohne Querstange. Die Querstange brauchte man vorerst nicht, da anfänglich der Zwischenraum oberhalb der Torpfosten genauso als Goal zählte. Das änderte sich gegen Ende des Jahrhunderts, als man eine Obergrenze mittels Schnur oder Querlatte markierte. Tornetze gab es schließlich ab 1890.
Inzwischen hatte das nach der „Football Association“ so genannte Associationspiel auch in Mitteleuropa Fuß gefasst. Ab 1885 entstanden in immer mehr großen Städten Fußballklubs. Die erste (damals) österreichische Stadt mit Fußballklub war Prag. Der dortige Ruderklub „Regatta“ (seit 1868) nahm sich ab 1885 mit einer eigenen Abteilung der neuen Sportart an, welche freilich zunächst noch ein recht unbeachtetes Dasein fristete. Das änderte sich jedoch rasch, als zu Beginn der neunziger Jahre in Deutschland Wettspiele zwischen verschiedenen Vereinen (Berlin, Frankfurt, Hannover, Dresden, Leipzig) populär wurden. 1893 trat die Prager „Regatta“ in ständige Beziehungen zu den beliebten Fußballklubs aus Berlin und Dresden.
Ein besonderes Spieltalent besaß der Prager Gymnasiast Georg August Wagner, genannt Güschtl, der gerade sein Medizinstudium begann, als der Prager Fußballklub „Regatta“ seinen großen Aufschwung verzeichnete. Studium und Fußball traten dabei in eine unheilvolle Konkurrenz, zumindest in den Augen seiner Eltern, die Ärgeres zu verhindern trachteten, indem sie ihren Sohn im Herbst 1893 ins noch nicht „fußballverseuchte“ Graz schickten. Hier sollte er sein Medizinstudium ungestört fortsetzen.
Sportlich gab es in Graz damals nicht viel mehr als Turnen und Radfahren, dazu in der Umgebung Bergsteigen und im Winter Schifahren. Als begeisterter Bergsteiger trat Georg August Wagner sogleich dem „Techniker Alpenclub“ (geleitet vom Zahnarzt Dr. Camillo Baumgartner) bei und animierte seine neuen Klubkollegen – ungeachtet der elterlichen Ratschläge – sogleich zu Kickübungen. Den Fußball dazu hatte er aus Prag mitgebracht. Als Spielfeld stellte ein anderer Sportklub, der „Grazer Bicycle-Club“, fürs erste ein Rasenareal bei seiner großen Radrennbahn (mit 690 Metern Länge angeblich die größte Kontinentaleuropas) im Park der Industriehalle (heute Messehalle) zur Verfügung. Doch noch vor Ablauf des Jahres kam es zu Unstimmigkeiten, und Wagners Kicker mussten in den Stadtpark, auf eine Spielwiese vor der Landesturnhalle ausweichen, wo sie ebenfalls nicht gern gesehen waren. Die Parkbesucher schimpften über die „narrischen G´schichten, die sich im Stadtpark abspielen“ und über die Fußballer „mit ihren Bohnenstecken“. Damit waren abschätzig die mobilen Torstangen (mit einer Schnur als oberer Begrenzung) gemeint.
Während in Prag die neue Sportart mit dem ersten großen Match zwischen der Prager „Regatta“ und der Berliner „Viktoria“ (31. Dezember 1893) florierte, herrschte bei den Grazer Fußballern somit erst einmal Krisenstimmung. Eine Schwierigkeit bestand darin, genügend Mitspieler für ein echtes Match zusammenzubringen, zumal das neue Reglement der „Football Association“ zweimal elf Spieler vorschrieb. Zu guter Letzt verständigten sich Wagner und seine Fußballfreunde mit einem anderen Radfahrverein, dem „Akademisch-technischen Radfahrverein“ (ATRV): Zur Anerkennung für ihren Beitritt richtete der ATRV eine Fußballabteilung mit zwei Mannschaften ein und ermöglichte in Kürze die Übersiedlung auf seine etwas kleinere Radrennbahn (400 Meter) gegenüber der Industriehalle.
Das erste „Wettspiel“ fand aber noch auf der Stadtparkwiese statt, und zwar am 18. März 1894. Dieses Datum erscheint deshalb denkwürdig, weil es sich dabei um das erste Fußballmatch auf dem Gebiet des heutigen Österreichs handelte. Es soll „ziemlich viele“ Zuseher gegeben haben, was eine zwei- oder dreistellige Zahl bedeuten kann, freilich hauptsächlich Angehörige der Mitspieler. Georg August Wagner war Kapitän der siegreichen ersten und der spätere Sanatoriumsbesitzer Fritz Wiesler Kapitän der zweiten Mannschaft, welche unterlag. Unter den Mitspielern finden wir übrigens auch viele erfolgreiche Medizinstudenten. Einen von ihnen, der offenbar zum Verliererteam zählte, möchte ich sozusagen zum Trost für alle Fußballverlierer herausgreifen, nämlich den später als Chemiker bekannt gewordenen Fritz Pregl. Ihm gelang es, seine Niederlage von 1894 „auszugleichen“, indem er 1923 den Nobelpreis gewann.
Aus „Güschtl“ Wagner ist übrigens auch noch etwas geworden. 1900 legte er sein Spielwartamt zurück, um sich auf die strengen Prüfungen vorzubereiten, die er genau sieben Jahre nach dem ersten Fußballspiel am 18. März 1901 in Graz mit seiner Promotion abschloss. Er ging danach als Assistenzarzt nach Wien, habilitierte sich für Gynäkologie, wurde Professor in Prag und zuletzt an der Charité in Berlin.
Und noch einen Mitspieler dieses ersten Matches darf ich erwähnen, da Sie ihn vielleicht aus einem früheren Klinoptikum schon kennen: Arnold Wittek. Zwar weiß ich nicht, ob er zu den Siegern oder Verlierern zählte, doch kann ich noch einiges andere über sein Leben berichten. Vielleicht schon in der nächsten Klinoptikumausgabe.
Quelle: Norbert Weiss. In: KLINOPTIKUM, Ausgabe 10, 2008.
Zum Lesen und Lachen und ...
Clemens Ettenauer, Johanna Bergmayr (Hg.). Cartoons über Fußball
2014/2016. Über fast 80 Seiten geht es - mittlerweile bereits in der 2. Auflage - "voller Wucht und Elégance - Zwerchfellrisse und Bauchmuskelzerrungen inklusive" - zu Sache, wenn sich die besten Sportwitzzeichner mit dem Fußball und der WM in Brasilien herumschlagen. Da geht es um die Angst des Tormanns vorm Kalauer, das erste deutsche Schiedsrichterorchester, die Wand Gottes und warum Väter sich nicht immer freuen, wenn Fußball im Fernsehen ist. Mit dabei sind u. a. Alf Poier, Ari Plikat, Bernd Ertl, Bernd Püribauer, BURKH, Daniel Jokesch, Dorthe Landschulz, Harm Bengen, Kittihawk, Lo Graf von Blickensdorf, Markus Szyszkowitz, Martin Zak, Michael Holtschulte, Miguel Fernandez, Oliver Ottitsch, Rudi Hurzlmeier, Schilling & Blum und Til Mette.
Cartoons über Fußball.
Holzbaum Verlag Wien 2014 / 2. Auflage 2016. 80 Seiten. € 14,95.
Zu den Cartoons
oben: KRIKI - Ethik und Aesthetik
unten: Bettina Bexte - Halbzeitfrisieren / Ari Plikat - mach das / Rudi Hurzlmeier - STRAFRAUM