Ich warte auf Lena Hoschek in ihrem Grazer Geschäft am Joanneumring 3. Sie kommt gerade von der Diagonale 2010 - als eine der Gewinnerinnen des
Schaufensterwettbewerbs. Mit mir warten schon einige Kundinnen auf sie. Während Lena Hoschek alle begrüßt, kurz einige Fragen beantwortet und mit einer Kundin, die von ihr ein Hochzeitskleid designt
haben möchte, einen späteren Termin vereinbart, habe ich Zeit, sie zu beobachten.
Panther Tattoo am Unterarm
Lena Hoschek, eine attraktive junge Frau, sehr weiblich, wirkt selbständig, selbstbewusst, energiegeladen und strahlt doch eine angenehme Gelassenheit
aus. Eigenwillig und doch auch herrlich unkompliziert. Eine Frau mit dem steirischen Panther als Tattoo am Unterarm, die einerseits „wilde Jungs“ mag, die mit ihr die Nächte durchmachen bei Rockmusik
und sich vielleicht ein Tattoo machen lassen, und andererseits liebt sie auch die romantisch-höflichen Typen, die ihr die Tür aufhalten und gemütliche Abende mit ihr verbringen.
Weiblichkeit im Mittelpunkt
Lena Hoschek ist Grazerin und machte 2003 ihr Diplom in Modedesign an der Modeschule Hetzendorf/Wien. Sie war von 2003 bis 2004 Praktikantin bei der bekannten englischen
Modedesignerin Vivienne Westwood in London und hat seit 2005 ihr eigenes Atelier in Graz. 2009 nominierte sie „DiePresse“ für die Österreicherin des Jahres. Ihre Kreationen sind gewagt, Dirndl-esque
und retro in einem. Im Mittelpunkt steht die Weiblichkeit im Sinne der 40er- und 50er-Jahre.Trachten hält Lena Hoschek sowieso für essenziell: „Im Dirndl schaut jede Frau fantastisch aus.“
G’sund: Wie warst Du als Kind, hast Du Dich schon damals für Mode interessiert oder was wolltest Du werden ?
Lena Hoschek: (schmunzelnd) Ich war eigentlich ein richtig sonniges Kind, zwar schon relativ schlimm und fordernd – aber auch einfach zum mögen. Während meiner
Volksschulzeit wollte ich schon mal Jetpilot werden oder als Teenager Snowboardprofi. Ich war auf der einen Seite ein richtiges Mädchen, liebte schöne Kleider und Puppen spielen, aber nachdem ich mit
zwei Brüdern aufgewachsen war, mochte ich auch alles, was Jungs so mögen - raufen oder schnelle Autos. Aber eines habe ich immer schon gewusst: ich will meine eigene Firma.
G’sund: Wie bist Du jetzt ?
Lena Hoschek: Ich bin immer noch ein sonniger Typ, liebe Musik und Geschwindigkeit. Ich höre gerne Punk, Rock, Heavy Metal, aber auch Swing, Blues und noch
vieles mehr – ohne Musik kann ich einfach nicht sein. Und ich mag schnelle Autos, vor allem die aus den 40er und 50er Jahren wie einen Mustang oder Aston Martin. Ich bin ein „Gesellschaftstierchen“,
liebe Menschen um mich. Hm was noch ... gutes Essen, savoir vivre, altmodische Umgangsformen. (Lena lacht) Wäre ich ein Mann würde ich sagen: Wein, Weib und Gesang. Ansonsten bin ich ein sehr
unängstlicher Mensch, blicke voller Zuversicht in die Zukunft.
G’sund: Du hast die Modeschule Hetzendorf besucht, aber das Handwerk hast Du schon bei Deiner Oma im Kärntner Mölltal gelernt ?
Lena Hoschek: (stolz) Sie hat mir gezeigt, wie man ein Dirndl macht. Ich finde es überhaupt sehr wichtig, dass jeder Künstler sein Handwerk von der Pike auf
lernt.
G’sund: Ich bin ja nicht gerade der Dirndl-Typ, aber ich bin ein Fan Deiner Dandy-Kollektion. Wodurch lässt Du Dich inspirieren, woher kommen Deine neuen Ideen
?
Lena Hoschek: Ich hole mir meine Inspirationen aus Musik, Filmen und von Menschen, die mich beeindrucken. Als ich zum Beispiel Surfermusik der frühen 60er Jahre
hörte wusste ich, wie meine nächste Sommerkollektion aussehen wird: Shirts, Röcke, Blusen und Kleider mit Südsee Flair. Es ist mir aber schon passiert, dass ich kurz vor der Produktion einer
Kollektion plötzlich eine Inspiration für meine nächste Kollektion hatte. Dann arbeite ich sozusagen an zwei Kollektionen gleichzeitig – das kann dann zeitlich schon knapp werden, aber ich bin
jemand, der unter Druck sehr gut arbeiten kann.
G’sund: Woher beziehst Du Deine Stoffe ?
Lena Hoschek: Ich suche mir die Stoffe auf Stoffmessen aus, am liebsten in Paris. Es hilft Dir natürlich keine Idee, wenn Du nicht den entsprechenden Stoff dafür
findest. Und meine Stoffe sind teuer, die Marke Lena Hoschek steht für Qualität, da gehe ich keine Kompromisse ein. Viele meiner Prints sind mittlerweile Eigendesign, da ich einfach nicht gefunden
habe, was ich haben wollte. Der Digitaldruck erleichtert es mir sehr, da es dadurch möglich ist, auch kleinere Einheiten zu drucken.
G’sund: Du sagst, „Ich liebe die durchgestylten Frauen der 50er Jahre, die mit Hüftschwung durchs Leben stolzierten.“
Lena Hoschek: Weißt Du, die meisten Frauen haben als erstes immer den Gedanken „sehe ich wohl schlank aus“. Ich aber liebe das Spiel mit Volumen, betone in
meinen Kreationen die Taille. Ich liebe den Stil der Frauen der 40er und 50er Jahre, sexy, sinnlich, aber auch selbst-ironisch. Meine neue Herbst-Winter-Kollektion widmet sich der Welt der Dandys.
Hemden aus edlen italienischen Stoffen, Hosenträger, Krawatten und Hornbrillen wirken einerseits sehr maskulin, aber durch mädchenhafte Details und figurbetonte Schnitte doch wieder sehr
weiblich.
G’sund: Könntest Du Dir auch vorstellen, für einen Konzern wie beispielsweise H&M eine Kollektion zu entwerfen ?
Lena Hoschek: Ja schon, denn ich bin prinzipiell ein Freund der Masse, ich möchte, dass alle Frauen gut angezogen sind. Ich möchte nicht, dass nur Einzelne sich
meine Mode leisten können. Aber auch für die Masse würde ich nur mit guter Qualität arbeiten.
G’sund: Man sagt doch immer, der Künstler gilt nichts im eigenen Land. Du sagst aber – zumindest habe ich das gelesen – ohne österreichische Kunden gäbe es
natürlich auch keine internationale Karriere.
Lena Hoschek: Ich verdanke meinen Grazer Kunden sehr viel. Sie kaufen schon seit Jahren meine Modelle - schon lange bevor Katy Perry meine Kleidung trug. Stars
bringen zwar Werbung, aber meine Kunden hier und in ganz Österreich haben meine internationale Karriere ermöglicht. Und das weiß ich wirklich sehr zu schätzen.
G’sund: Deine Tage haben sehr viele Arbeitsstunden, Dein Leben ist sehr intensiv. Wo holst Du Dir Energie, was machst Du, um fit zu bleiben ?
Lena Hoschek: Also, wenn ich nicht so viel feiern würde, weniger rauchen und mehr schlafen würde, könnte ich auch mehr sporteln (lacht). Nein, ich fahre gerne
Snowboard und laufe. Ich liebe die Berge und unsere vier Jahreszeiten, überhaupt die Natur. Beim Spazierengehen kann ich wunderbar runterkommen, mich wieder erden. Und ich genieße es auch, einfach
mit Freunden abzuhängen – bis ich selbst Kinder haben werde, was natürlich meinen Lebensrhythmus verändern wird.
G’sund: Was ist Dir an Menschen wichtig?
Lena Hoschek: Ich hasse Unehrlichkeit, schwindlige Ausreden, schwache Charaktere. Für mich müssen Menschen ein großes Herz haben. Sehr wichtig ist mir Humor. Ich
lache gerne mit meinen Freunden, (nachdenklich) meine Freunde habe ich eigentlich alle schon sehr lange, seit meiner Schulzeit.
G’sund: Wie sehen Deine Zukunftspläne aus?
Lena Hoschek: Ich eröffne im September ein Geschäft in Berlin-Mitte – und später einmal in Amsterdam, Zürich, Paris, New York …