'Wahnwitzkünstler' Erwin Wurm

Der steirische Künstler hat die Bildhauerei gleichsam neu erfunden - alles kann bei ihm zur Skulptur werden: Handlungen, geschriebene oder gezeichnete Anweisungen und selbst ein Gedanke.

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  • Aktuelles kurz gefasst
  • Interview mit Erwin Wurm

Aktuelles

2017. Kunst-Biennale in Venedig

2017. Personale im Kunsthaus Graz

2016. Wandpullover für die Steirmark

2015. Würdigungspreis des Landes Steiermark

Auf den Kopf gestellt. La Biennale mit Erwin Wurm

Juni 2017. Kunst, Tanz, Film und zeitgenössische Musik prägen heuer wieder das Biennale-Leben der Inselhauptstadt. Vor allem die über die ganze Inselstadt verteilten Attraktionen der Kunst-Biennale mit ihren Schwerpunkten in den Giardini und im Arsenal verbinden Geschichte und Gegenwart auf faszinierende Weise.

 

 

Da gibt's vorerst nur ein paar Text-Bausteine. Bitte Geduld!

 

 

 

Christine & Christa

Christine Macel ist im Centre Pompidou in Paris tätig. Sie ist heuer die Kuratorin der Kunstbiennale in Venedig, die sich unter dem Motto ‚Viva Arte Viva‘ präsentieren wird.

Christa Steinle hat sich als Kommissärin für den Österreich-Beitrag für ein Doppel mit Brigitte Kowanz und Erwin Wurm entschieden.

 

Josef Hoffmann-Pavillon in den Giardini

Brigitte Kowanz wird ihren Beitrag in einem von Hermann Eisenköck geplanten Zubau und im Garten dahinter zeigen, Erwin Wurm zeigt seinen Beitrag im Pavillon von Josef Hoffmann - und dazu eine ‚Kleinigkeit‘ davor.

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57. Biennale in Venedig. Viva Arte Viva

13. Mai bis 26. November 2017

www.labiennale.org

Interessante Beiträge dazu

 

Schoiswohl, Maria: "Wenn man nicht reist, versteht man nichts", in: Via Airportjournal Graz. Das steirische Magazin für Reisen, Genuss, Kultur und Wirtschaft, Ausgabe 3/2016, Seite 70-73, bzw. unter www.magazinvia.at | "Wenn man nicht reist, versteht man nichts"

Fußballgroßer Tonklumpen auf hellblauem Autodach

Erwin Wurm, Ohne Titel, 2016, (unter Verwendung von: Fritz Wotruba, Liegende Figur, 1953). Foto: N. Lackner, UMJ © Bildrecht, Wien 2017

März und Juni 2017.

Die von Günther Holler-Schuster kuratierte Ausstellung von Erwin Wurm im Space01 des Grazer Kunsthauses "nimmt ihren Ausgangspunkt bei der offenen architektonischen Struktur des Kunsthauses. Elemente des Performativen, Partizipativen und der skulpturalen Setzung werden dabei zueinander und zum Kunsthaus in Beziehung gebracht."

 

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Erwin Wurm

Fußballgroßer Tonklumpen auf hellblauem Autodach

24. März bis 20. August 2017

Kunsthaus Graz, Space01

www.museum-joanneum.at

Erwin Wurms „Wandpullover für die Steiermark"

Präsentation des 'Wandpullovers' am 3. März 2016 mit Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer. © VKSTMK

Jänner 2017. Ein "Wandpullover für die Steiermark" schmückt seit Anfang März des Vorjahres das Regierungsbüro des steirischen Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer. Das mit Panthermotiven bereicherte Strickwerk in den steirischen Farben Weiß-Grün ist eine Arbeit des international bekannten, steirischen Künstlers Erwin Wurm.

 

In Anlehnung an dieses Werk gibt es mit diesen Motiven im Steirischen Heimatwerk auch einen in Österreich gefertigten Steiermark-Pullover für Sie und Ihn.

www.heimatwerk.steiermark.at | Suche: Steiermark-Pullover

Links: Erwin Wurm im neuen Steiermark-Pullover mit Bernhard Rinner vor dem 'Wandpullover für die Steiermark'. © VKSTMK

Rechts: Der neue Steiermark-Pullover vor dem neuen "Wurm-Wandpullover". © Steirisches Heimatwerk

 

Würdigungspreis des Landes Steiermark für bildende Kunst 2015 für Gegenwartskünstler Erwin Wurm  

Würdigungspreis des Landes Steiermark für bildende Kunst 2015 für Erwin Wurm. © Miriam Raneburger.

April 2015. Der mit 10.000 Euro dotierte Würdigungspreis des Landes Steiermark für bildende Kunst wird im Dreijahresrhythmus einmalig als Anerkennung eines künstlerischen Gesamtschaffens auf dem Gebiet der bildenden Kunst verliehen. Dazu bekommt der Preisträger die Möglichkeit, eine Ausstellung im Künstlerhaus zu realisieren.

 

Jury-Begründung [Auszug]

2015 wurde der auch international erfolgreiche Bildhauer und Installationskünstler Erwin Wurm mit diesem Würdigungspreis ausgezeichnet. Die Jury mit Martin Behr, Sonja Gangl, Ursula Horvath, Richard Kriesche, Astrid Kury, Peter Pakesch und Petra Schilcher begründete ihren Vorschlag unter anderem folgendermaßen: „Erwin Wurm hat im Laufe seiner Karriere ein bedeutendes, Techniken und Medien überschreitendes sowie überzeugendes Ouevre geschaffen. Die Kunst von Erwin Wurm tritt an unterschiedlichen Orten auf, oftmals dort, wo man sie gar nicht vermutet. Wurm setzt Techniken, Technologien und Medien meist gegen die gängigen Muster ein. Videos werden zu Skulpturen, das Publikum wird zum Akteur, Akteure machen sich oft bereitwillig zu Kunstfiguren, oftmals zu Karikaturen ihrer selbst. Menschen, die bislang wenig Affinität zur Kunst hatten, können sich sehr wohl für Wurms Arbeiten begeistern, weil sie sich gerade nicht einem spezifischen Kunstambiente verpflichtet sehen müssen und weil Wurm unsere Alltagserfahrungen - wie die Erfahrungen mit Kunst - mit viel List, Humor und Lust unterläuft."

 

Laudatio von Kulturlandesrat Dr. Christian Buchmann

„Erwin Wurm ist einer der bekanntesten und renommiertesten österreichischen Künstler weltweit und einer der wichtigsten Botschafter des Kunst- und Kulturlandes Österreich im Ausland. Er hat trotz seiner großen internationalen Erfolge nie auf seine steirischen Wurzeln vergessen und ihre Bedeutung für sein künstlerisches Schaffen immer wieder deutlich gemacht. Ich freue mich, dass dieser herausragende Künstler den Würdigungspreis des Landes erhält und gratuliere Erwin Wurm sehr herzlich".

 

 

Quellen:

1. Kulturförderungsbericht 2015 des Landes Steiermark, Seite 73-74

2. Information des Medienzentrums Steiermark vom 8. Oktober 2015

Erwin Wurm. Außergewöhnlicher steirischer Künstler

Text und Interview: Hedi Grager

Foto: Universalmuseum Joanneum, Reinhard A. Sudy

Erwin Wurm. © Studio Wurm © Studio Wurm

Erwin Wurm hat die Bildhauerei gleichsam neu erfunden - alles kann bei ihm zu einer Skulptur werden: Handlungen, geschriebene oder auch gezeichnete Anweisungen und selbst ein Gedanke.
Die deutsche ZEIT bezeichnet ihn zu Recht als „Wahnwitzkünstler". Und der renommierte Kunstkompass der Zeitschrift Capital verzeichnet ihn unter den 100 berühmtesten zeitgenössischen Künstlern: Der Aufsteiger der Kunstwelt, Erwin Wurm, dessen Arbeiten bereits weltweit gezeigt werden, ist ein Steirer.

 

Ich besuchte Erwin Wurm in seinem Atelier in Wien, wo sich der vielbeschäftigte und charismatische Künstler Zeit für ein ausführliches Gespräch nahm.
Erwin Wurm wurde 1954 in Bruck an der Mur geboren, wuchs in Kapfenberg auf und lebte ab der Schulzeit in Graz, wo er Kunstgeschichte studierte. 1981 hatte er seine erste Einzelausstellung im Forum Stadtpark. Der in Wien und Niederösterreich lebende Künstler erhielt 2004 den "Kunstpreis der Stadt Graz".

 

Alltagsthemen

Der renommierte Künstler greift in seinen Arbeiten Themen des Alltags auf: Schlankheitswahn und Fettsucht, Mode, Werbung und Konsumkult. International bekannt wurde er vor allem durch seine One Minute Sculptures: er lässt Menschen mit Alltagsgegenständen auf skurrile Art posieren, um sie dann zu fotografieren. Populär wurden diese One Minute Sculptures durch das Musikvideo der Gruppe Red Hot Chilli Peppers zu ihrer Single „Can't Stop" aus 2003, in dem Erwin Wurm als Inspirationsquelle genannt wurde.

 

Mit 'spitzem' Humor
Berühmt sind auch seine „Fat"-Skulpturen: kleinbürgerliche Statussymbole wie Autos oder Einfamilienhäuser werden in einem „verfetteten", aufgeblähten Zustand gezeigt. "Humor ist eine Waffe", hat Erwin Wurm einmal gesagt. Wie kaum ein anderer Künstler, versteht er, sie einzusetzen. Das Publikum staunt und lacht, und manchmal zeigt es sich pikiert angesichts Wurms aberwitziger Performances.

Fat Car im Österreichischen Skulpturenpark. © 2016 Reinhard A. Sudy

G'sund: Wann war für Dich klar, dass Du Künstler werden wirst?

Wurm: Ich wusste schon mit 15 Jahren, dass ich Künstler werden wollte. Ich studierte aber zuerst Kunstgeschichte und machte das Lehramt. Das habe ich meinem Vater zuliebe gemacht - für ihn, er war Kriminalbeamter, war schwer zu akzeptieren, dass ich Künstler werden wollte.

 

G'sund: Ich habe gelesen, dass Du als Student eigentlich Maler werden wolltest?

Wurm: Richtig, das wollte ich. Aber mein Professor an der Kunstuniversität riet mir zur Bildhauerei und Gestaltungslehre. Das war zuerst ein kleiner Schock für mich, aber dann habe ich mich erstmal mit den Grundbedingungen der Bildhauerei befasst.
Die Malerei hat mich aber nie ganz losgelassen, meine ersten Skulpturen habe ich auch bemalt. Ich habe mit dem (be)malen eine zweite Haut über Skulpturen gelegt. Ob ich etwas bemale, anziehe, überziehe - immer ist es eine zweite Haut.

 

G'sund: Du sagst, „Ich versuche die Welt als Material zu begreifen, das mich umgibt, und möchte darauf reagieren".

Wurm: Ich verwende Materialien, Inhalte, Themen unserer Zeit. Ich bin ein politisch und sozial denkender Mensch, aber kein politischer Künstler. Ich verwende den Begriff Skulptur als Katalysator, um auf andere, neue Inhalte zu stoßen.

 

G'sund: Du interessierst Dich auch sehr für Telekinese und Hypnose.

Wurm: Ich habe mir beispielsweise die Frage gestellt „Was ist Stillstand. Ist das Aktion oder schon eine Skulptur? Es wurde eine Person 14 Stunden lang in Hypnose versetzt und stand ruhig da. Sieben Stunden lang hat diese Person nichts gespürt. Dann wurde sie in eine „Halbhypnose" versetzt. Während der Halbhypnose konnte sie alles spüren und bekam körperliche Probleme: ein Arm schwoll dick an, ein Blutstropfen trat aus dem Fuß. Mein Fazit: der Mensch ist für Stillstand nicht geschaffen.

 

G'sund: Was kann Dich inspirieren, was Deine Ideen entzünden?

Wurm: (lächelt) Wenn man viel arbeitet, hat man viele Ideen.

G'sund: Was war für Dich Dein erster großer beruflicher Erfolg?

Wurm: Meine erste Ausstellung war im Forum Stadtpark in Graz, das war 1981, Heinrich Dunst hat den Katalog dazu gemacht. Meine größte und bedeutendste Ausstellung war sicherlich 2006 im Museum Moderner Kunst (MUMOK) in Wien. Diese wurde von mehr als 100.000 Menschen besucht und danach war ich - nach 20 Jahren künstlerischer Arbeit - wirklich bekannt. Sehr stolz bin ich aber auch darauf, dass das Centre Pompidou in Paris 60 Fotos von mir angekauft hat. Denn nur durch das Sehen entsteht das Kunstwerk, die Begeisterung des Betrachters lässt ein Werk, lässt die Skulptur zum Kunstwerk werden. Erst wenn man Kunst sieht, ist es wirklich Kunst. Wenn die Mona Lisa in einer Höhle geblieben, wäre sie nie zum Kunstwerk geworden (sagt und lächelt dabei).

 

G'sund: Wann bist du mit einer Arbeit zufrieden?

Wurm: (kryptisch) Wenn ich zufrieden bin. Ich verwerfe Arbeiten - immer weniger zwar - da man natürlich auch eine gewisse Routine entwickelt. Ich stelle mir gewisse Dinge vor, aber am Weg der Ausführung ist die Entscheidung über „bleiben oder verwerfen". Aber ja, es kommt schon vor, dass ich eine Skulptur verwerfe.
Arbeit muss einen selbst in Spannung halten, das spürt auch das Publikum. Man muss den Willen zur Erneuerung haben, muss neugierig sein und bleiben. Ich verwende in meinen Arbeiten eine universelle, eine allgemein verständliche Sprache. Der Betrachter ist schnell in der Materie drinnen, es gibt keine große Schwelle, um zu verstehen. Nimm einen Comic Strip, der ist auch ohne Sprache zu verstehen.

 

G'sund: Was sind Deine One Minute Sculptures, mit denen Du so bekannt geworden bist?

Wurm: Es sind Situationen, in denen sich Personen für einen kurzen Moment in eine Skulptur verwandeln. Diese kurzen Momente werden dann auf Fotografien und in Videos festgehalten - also in One Minute Sculptures verewigt.
Stell Dir vor, ich hänge einen Pullover auf zwei Nägel, hänge etwas darüber. Egal, ob Du das für 5 Sekunden, 10 Minuten oder 5 Tage so belässt, ist es eine Skulptur - mit einem Anfang aber auch einem Ende. Denn wenn der Pulli wieder abgehängt wird, ist er wieder ein normales Kleidungsstück.

G'sund: Bleiben wir bei Deinem Beispiel mit dem Pullover. Wie funktioniert das bei Ausstellungen?
Wurm: Für Ausstellungen mache ich ganz genaue „Gebrauchsanweisungen", wie alle Teile wieder zur Skulptur werden. Das ist jedes Mal sehr viel Arbeit, damit die Skulpturen auch wirklich immer gleich aufgebaut werden.

 

G'sund: Siehst Du Dich als eigentlich als Provokateur?

Wurm: Ich sehe mich nicht als Provokateur (schmunzelt), manches Mal vielleicht, aber dann sehr gezielt. Meine Methode der zynischen Kritik wird öfter als Provokation dargestellt. Ich habe 2007 neun Seiten des Kulturteils der deutschen Tageszeitung „Zeit" gestaltet und dabei mit provokanten Vorschlägen Tabus angesprochen, machte politisch unkorrekte Aussagen - und wurde in Deutschland zum Künstler des Jahres gewählt.

 

G'sund: Erwin, eine private Frage. Was bedeutet Dir Familie, Du hast ja auch Kinder?

Wurm: Natürlich ist mir meine Familie sehr wichtig, auch meine sehr guten Freunde. Ich verreise sehr viel, aber wenn ich da bin, gehe ich mit meinen zwei Söhnen, sie sind 17 und 19 Jahre alt, samstags frühstücken und sehe sie fast jeden Abend.

 

G'sund: Was rätst Du jungen Menschen, die auch Künstler werden möchten?

Wurm: Man muss Geduld haben und sich Zeit nehmen, nicht aufgeben. Vor allem aber prüfen, was man wirklich machen will und sein Ziel dann mit aller Konsequenz verfolgen.

 

Erwin Wurm sehr persönlich

Geboren:
27. Juli 1954 Bruck an der Mur
Wohnort: Wien, Niederösterreich
Beruf: Künstler
Sternzeichen: Löwe
Familie: geschieden, 2 Kinder
Musik: Ich lebe in einer stillen Welt. Im Studio gibt es nie Musik - zu Hause ganz selten, nur im Auto läuft das Radio.
Lieblingsbuch: Es gibt sehr viele ...
Hobby: die Arbeit
Größtes Anliegen: Das Pflegen von Beziehungen zu Kunden und Freunden

Webseite: www.erwinwurm.at

 

Ausstellungen 2010:

März: Kunstmuseum Bonn, Bonn, Germany

Mai: Ullens Center of Contemporary Art, Beijing, China

Oktober: Kunst der Gegenwart ¬im Essl Museum, Vienna, Austria

Juni: Memoria, Museo de Arte Moderno de Bogotà (MAMBO), Bogotà,
Columbia Galerie Lehmann Maupin, New York, USA Erwin Wurm,
Museum der Moderne Salzburg, Austria

 

Veröffentlicht: Erwin Wurm. In: Gsund. Die besten Seiten der KAGes. Nr. 65 März 2010. Seite 68 - 69.

Langfassung mit Fotogalerie: www.gsund.net

Diese beiden Skulpturen von Erwin Wurm stehen im Österreichischen Skulpturenpark.

www.museum-joanneum.at

 

Links: Erwin Wurm, Bunker 1987 © www.museum-joanneum.at

Rechts: Erwin Wurm, Fat Car 2000/2001 © www.museum-joanneum.at

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