Kalabrien. Die sonnige Stiefelspitze Italiens
Texte: Reinhard A. Sudy
Fotos: Hedi Grager, Reinhard A. Sudy
Ganz im Süden des italienischen Stiefels überrascht Kalabrien mit vielfältigen Kultur- und Naturlandschaften. Unter strahlend blauem Himmel warten endlose Küsten mit Buchten und Stränden, Wald- und Berglandschaften, mittelalterliche Ortschaften und geschäftige Städtchen auf ihre Besucher, Badeurlauber und Wanderer.
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- Kalabrien. Westküste
- Tropea
- Kalabriens Süden
- Kalabrien. Print und Online
Entlang der bezaubernden Westküste Kalabriens
Umspült von den Wellen des Tyrrhenischen und Ionischen Meers zeigt sich die weitgehend von Gebirgszügen bedeckt Region Kalabrien an der Stiefelspitze Italiens überaus kontrastreich: Im Landesinneren dichte Waldgebiete, alpine Hochebenen und spektakuläre Felsformationen, im Winter in höheren Lagen Schneefall und in den Sommermonaten meist wasserlose Flüsse, ein farbenprächtiges Meer, fruchtbare Küstengebiete mit versteckten Buchten und Stränden, belebte Badeorte, betriebsame Städte und abgeschiedene Gebirgsdörfer.
Entlang der Costa dei Cedri
Besondersreizvoll ist die langgezogene Westküste mit ihren attraktiven Küstenlandschaften. Bezaubernde Ortschaften reihen sich hier wie Perlen aneinander. Den Anfang am nordwestlichen Küstenabschnitt, der nach der Zedra-Zitrone Costa dei Cedri benannt ist, macht Praia a Mare. Ein Badeort mit dunklem Sandstrand, einer vorgelagerten Insel mit Grotten, einer alten Befestigungsanlage und einer Marien-Wallfahrtskirche. Kurven- und aussichtsreich geht es auf der Landstraße weiter nach Scalea, einer der ältesten Städte Kalabriens. Für einen Rundgang durch den mittelalterlichen, an einen Hang gebauten Stadtkern mit endlosen Treppen, engen Gassen und vielen Torbögen ist Kondition gefragt. Bequemer ist da ein Bummel durch den Küstenort Diamante, wo Künstler und Dichter Häuserfassaden und Wände bemalt und beschriftet haben. Die rund 250 farbprächtigen Murales sind ebenso einen Besuch wert wie das einer Festung ähnliche Waldenserdorf Guardia Piemontese. In diesem kleinen und küstennahen Bergdorf wird die ganze Tragik einer grausam verfolgten Glaubensgemeinschaft spürbar.
Abstecher an die Costa degli Dei
Der Weg weiter nach Süden führt zur engsten Stelle Kalabriens. Auf der Ostseite liegt im Landesinneren die wenig bekannte Hauptstadt Catanzaro. Nahe der Westküste breitet sichLamezia Terme mit einem der beiden wichtigen Flughäfen aus.Der anschließende Küstenabschnitt wird treffend Costa degli Deibezeichnet und gilt als einer den schönsten Italiens. Hier liegt auf der Anhöhe der Steilküste, hoch über dem Meer, die malerische Altstadt Tropeas mit kleinen Plätzen, engen Gassen und prachtvollen Gebäuden. IhrWahrzeichen, die rote Zwiebel, ist unverzichtbar in der einfachen aber köstlichen kalabrischen Küche. Im Eisladen von Tonino gibt es sogar ein Zwiebeleis: Gelato alla Cipolla. Nur ein kurzes aber kurvenreiches Wegstück ist es zum Capo Vaticano mit den tollsten Aussichtsmöglichkeiten auf Klippen und Buchten, weit übers Meer und vielleicht mit einem unvergesslichen Sonnenuntergang.
Ganz im Südwesten
Tiefer im Süden führen endlose Windungenvon der in Kalabrien mautfreien Autobahn hinunter zur reizvollen Ortschaft Scilla. Unübersehbar ist das wuchtige Castello dei Ruffo auf einen aus dem Wasser aufragenden Felsen: Auf einer Seite ein langgezogener Sand- und Kieselstrand, auf der anderen ein Fußweg zum einstigen Fischerviertel Chianalea. Nur einige Kilometer weiter liegt Reggio di Calabria, die größte Stadt Kalabriens und ihr kulturelles Zentrum. Ein Herzstück sind die Fußgängerzonedes langgezogenen Corso Garibaldi und seine Seitengassen, einige schöne Plätze um die Kathedrale und die höher gelegenen Ruinen des Castello Aragonese. Entspannend ist ein Spaziergang entlang der endlosen Uferpromenade Lungomare Falcomata mit Blick über die Meerenge von Messina nach Sizilien.
Stand: Geringfügig geändert im Mai 2014.
Veröffentlicht: Kalabrien. In: box. Das Südsteiermarkmagazin. Ausgabe 61 Sommer 2014. Seite 32 - 33.
Tropea. Zwischen Steilküste und Sandstrand
Auf der Anhöhe der Steilküste, hoch über dem Meer, liegt die bezaubernde Altstadt von Tropea. Über ihre geschichtlichen Ursprünge ist nichts Genaues
bekannt. Ebenso wenig konnte ich in Erfahrung bringen, warum die köstlich schmeckende rote Zwiebel als das „Wahrzeichen" von Tropea gesehen wird. Mein Lieblings-Eismacher Tonino, der mich stolz seine
jeweils neuesten Eiskreationen kosten ließ, hatte natürlich auch ein „Gelato alla Cipolla" (Zwiebeleis). Das schmeckte mir aber gar nicht.
Historisches Zentrum
Die Altstadt mit ihren kleinen, versteckt gelegenen Plätzen und prachtvollen alten Gebäuden ist zu beiden Seiten des zentralen Corso Vittorio Emanuelle und des daran anschließenden Piazza Ercule
halbwegs eben. Durch die engen Gassen mit Boutiquen, Souveniergeschäften, Restaurants und Cafes zwängen sich gelegentlich Autos mit Schrammen und Beulen. Vor allem tagsüber tummeln sich hier
Bustouristen, die aber spätnachmittags das Städtchen verlassen.
Von der Steilküste von Tropea nur durch die Uferstraße getrennt, ragt ein mit dem Festland verbundener Felsblock auf. Einem kleinen Schloss ähnelnd steht
auf seiner Anhöhe die Kirche Santa Maria dell' Isola. Eine Baustelle mit Absperrungen und Verbotstafeln verhinderte einen wahrscheinlich schweißtreibenden Aufstieg und eine Besichtigung. Zu beiden
Seiten dieses Felsblocks breiten sich schöne Sandstrände aus: hier verbrachte ich so manche Stunde unter einem schattenspendenden Sonnenschirm, meinen Blick auf das türkisfarbene Meer
gerichtet.
Alljährlich am 15. August wird beim Fest zu Ehren der Jungfrau Maria ihre Statue von der Kirche Santa Maria dell' Isola zum Meer getragen. Hier reist sie dann auf einem Boot längs der Küste bis zu
den nordöstlich gelegenen Stränden Parghelias und wieder zurück.
Stand: 2009. Geringfügig geändert Juni 2014.
Veröffentlicht: Tropea. Reizvolle süditalienische Altstadt mit Steilküste und Sandstrand. In: Gsund. Menschen helfen Menschen. Nr. 61 März 2009. Seite 54.
Kalabrien. Von Lamezia Terme bis Reggio di Calabria
Türkisfarbenes Meer und Berglandschaft
Ich habe Kalabrien bei meinen Fahrten entlang kurvenreicher Küstenstraßen und endloser Sandstrände durch verwinkelte Gassen historischer Zentren und die abwechslungsreiche Berglandschaft in seiner ganzen Gegensätzlichkeit erlebt: dicht bewaldete Bergregionen mit Almen und Seen, schroffe, kahle Felsen und sogar Skigebiete im Hinterland, verborgene Pfade zu Steilküsten und versteckten Buchten, gut erschlossene, teils endlose Badestrände mit türkisfarbenem Meer, einsame Bergdörfer mit verwinkelten Gassen und reizvolle kleine Küstenstädte, touristische „Ansammlungen“ und südlich- beschauliches Leben.
Regionale Köstlichkeiten
Die kalabrische Küche empfand ich als einfach, aber schmackhaft. Köstlich waren die Salate mit kalabrischem Öl, Oregano, Basilikum und der berühmten roten Zwiebel von Tropea. Diese ist süß und schmeckt auch roh sehr gut. „Eigenwillig“ schmeckte das Zwiebeleis (Gelato alla Cipolla) bei Tonino in Tropea. Wer wie ich „Eingelegtes“ liebt, fühlt sich in Kalabrien wie im Paradies. Die vielen kleinen Läden sind übervoll mit Lebensmitteln, die nach alten, überlieferten Verfahren in Öl oder Essig eingelegt wurden. Auf meinen Streifzügen durch Kalabrien war ich überrascht von der Fruchtbarkeit dieses Landes. Ich fuhr durch „Wälder“ von Oliven-, Feigen- und Kastanienbäumen und durch Bergamotten- Haine, eine angeblich nur an der Südspitze Kalabriens wachsende Zitrusfrucht.
Lamezia Terme: Nicastro
Ganz im Süden
Unterschiedlicher könnten diese drei in allen guten Reiseführern beschriebenen „Sehenswürdigkeiten“ nicht sein: Scilla, Reggio di Calabria und Pentedattilo.
Scilla
Von der mautfreien Autobahn fuhr ich in endlosen Windungen bergab zur Küstenstraße zur kleinen Ortschaft Scilla. Das auch von außen beeindruckende Castello dei Ruffo wurde auf einen mächtigen, aus dem Wasser aufragenden Felsen gebaut. Über die Brücke gelangte ich in den ersten Innenhof, dann aber schreckten mich die Besuchermassen von einer weiteren Besichtigung ab. Im Süden von Scilla erstreckt sich langgezogen ein Sandstrand, nach Norden führt ein wenig aufregender Fußweg vorbei an den kleinen Häusern des Fischerviertels Chianalea. Die wunderbare Aussicht von der hangaufwärts gelegenen Terrasse, wo ich einen Parkplatz fand, hat meine Ungeduld mit der mühsamen Anfahrt und den Besuchermassen besänftigt.
Reggio di Calabria
Die heimliche Hauptstadt Kalabriens ist das kulturelle Zentrum und die größte Stadt Kalabriens. Die langgezogene Einkaufsstraße Corso Garibaldi mit den Seitengässchen, Plätzen, Geschäften und Lokalen, teilweise eine Fußgängerzone, spazierte ich auf der einen Straßenseite hinunter und auf der anderen zurück. Die endlos lange Uferpromenade Matteotti wird als die schönste Süditaliens bezeichnet, von der ich über die Meerenge von Messina nach Sizilien sehen konnte. Wirklich beeindruckt war ich nicht.
Pentedattilo
Wesentlich interessanter fand ich das versteckt gelegene, nahezu verlassene Bergdorf Pentedattilo. Nachdem ich Reggio di Calabria verlassen und die südlichste Spitze Italiens (Capo d'Arni) passiert
hatte, ohne es zu merken, musste ich mich sehr auf die Wegweiser konzentrieren, um Pentedattilo auch tatsächlich zu erreichen. Malerisch gelegen, angeschmiegt an die dahinter liegende
Felsenlandschaft liegt dieses kleine Bergdorf, das von den Bewohnern vor vielen Jahren wegen eines drohenden Erdbebens verlassen werden musste. Es gab zwar bis heute kein Erdbeben, die Bewohner
kehrten aber auch nicht zurück. Der Blick vom Parkplatz - der Zutritt ist Besuchern leiderverboten - macht die Namensgebung verständlich: Wie in einer steinernen Handfläche liegt das Bergdorf, hinter
dem eine Felsenlandschaft mit fünf Berggipfeln aufragt, ähnlich den fünf Fingern einer Hand.
Stand: 2008. Geringfügig geändert Juni 2014.
Veröffentlicht: Süditalienische Region Kalabrien. Über Sehenswertes in einigen Städten und Dörfern entlang der kalabrischen Westküste zwischen Lamezia Terme und Reggio di Calabria. In: Gsund. Menschen helfen Menschen. Nr. 58 Juni 2008. Seite 62 - 63.
Kalabrien. Infos & Tipps
Literatur
• Annie Hawes: Der Himmel über Kalabrien. Ein italienisches Familientreffen. Goldmann Verlag München 2006.
• Federico Bianchi diCaselbianco (Hrsg.): Kalabrien. Feste des Meeres. Edizioni Magi 2004
Kalabrien im Internet